29.06.2021 • Helmholtz-Gemeinschaft

Wunschzettel für Infrastrukturen

Die Helmholtz-Gemeinschaft hat eine Roadmap für Forschungsinfrastrukturen mit insgesamt 40 Projekten präsentiert.

Mit einem Budget von rund fünf Milliarden Euro jährlich und über 40.000 Mitarbeitenden ist die Helmholtz-Gemeinschaft die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Ihre Forschung zielt auf die Lösung der großen und drängenden Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Dafür richtet die Helmholtz-Gemeinschaft ihr Forschungsprogramm strategisch in den Bereichen Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Luft-, Raumfahrt und Verkehr, Materie sowie Information aus. Um diese Mission zu erfüllen, sind häufig große Forschungsinfrastrukturen notwendig, für welche die Helmholtz-Gemeinschaft gestern auf einem Symposium eine Roadmap mit insgesamt 40 Projekten vorgestellt und intensiv diskutiert hat.

Bereits 2011 und 2015 hatte die Helmholtz-Gemeinschaft eine Roadmap für Forschungsinfrastrukturen in drei Kategorien vorgestellt, und zwar Projekte, die innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft realisierbar sind, Projekte, die mehr als 50 Millionen Euro kosten und es auf die nationale Roadmap schaffen müssen, sowie internationale Großprojekte mit deutscher Beteiligung. Sämtliche Vorhaben der neuen Roadmap wurden bereits evaluiert und nun auf dem Symposium mit ausgewählten Expertinnen und Experten sowie dem Plenum diskutiert. „Liegen wir mit unserer Schwerpunktsetzung richtig? Ist die zeitliche Reihung der Projekte adäquat? Gibt es Lücken im Portfolio, die nicht abgedeckt sind?“, benannte Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, als zentrale Fragen für die Diskussionen. „Eine Roadmap ist niemals statisch. Sie wird im Herbst verabschiedet, aber auch danach jährlich immer wieder auf den Prüfstand gestellt.“

Die Helmholtz-Gemeinschaft hat eine Roadmap mit insgesamt 40...
Die Helmholtz-Gemeinschaft hat eine Roadmap mit insgesamt 40 Forschungsinfrastrukturen vorgestellt. (Bild: Helmholtz-Gemeinschaft)

Im Bereich Energie zählen zu den geplanten Forschungsinfrastrukturen unter anderem ein Untertagelabor für Geothermie (Geolab) oder eine Infrastruktur zur Entwicklung von Funktionsmaterialien in CO2-neutralen Prozessketten. Im Bereich Erde und Umwelt stehen eine Beobachtungsplattform für die Echtzeitdatenerfassung im terrestrischen System (Terra-Lab) oder eine modulare und mobile Infrastruktur zur Atmosphärenbeobachtung (ATMOSense) auf dem Wunschzettel, im Bereich Gesundheit eine nationale Allianz für Pandemie-Therapeutika.

Im Bereich Information sind unter anderem die Jülicher Nutzerinfrastruktur für Quantencomputing (JUNIQ) geplant, welche der Wirtschaft und Industrie den Zugang zu Quantencomputing-Technologien verschiedenen Typs und technologischer Reifegrade ermöglichen soll, sowie ein Exascale Supercomputer. Mit den beiden Radarsatelliten Tandem-L möchte der Forschungsbereich Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr dynamische Prozesse in Bio-, Kryo-, Hydro- und Geosphäre für die Klima-, Umwelt- und Erdsystemforschung erfassen; das Flugzeug Astar soll als Forschungsplattform für die Atmosphärenforschung dienen.

Der Forschungsbereich Materie, der sich vom Kleinsten in der Welt der Elementarteilchen bis zu den Dimensionen des Weltalls befasst, hat mit elf Projekten den längsten Wunschzettel geschrieben. Dazu zählen die Upgrades dreier beschleunigerbasierter (Röntgen-)Lichtquellen: „PETRA III und BESSY II müssen mit neuer Technologie ausgestattet werden, um verbessertes Röntgenlicht zu produzieren. Damit können sie viel detailliertere Einblicke in Materialien und Prozesse liefern“, erläuterte Helmut Dosch, der den Forschungsbereich Materie koordiniert. Darüber hinaus soll die Strahlungsquelle ELBE am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf zur Dresden Advanced Light Infrastructure (DALI) umgebaut werden. Sie wäre damit eine weltweit einzigartige Kombination aus einer Hochfeld-Strahlungsquelle für den Terahertz-Spektralbereich und das mittlere Infrarot sowie einem Freie-Elektronen-Laser für Wellenlängen im Vakuum-Ultraviolett. Die Weiterentwicklungen der Lichtquellen sind in einer eigenen Helmholtz Photon Science Roadmap beschrieben.

Darüber hinaus stehen Projekte wie das Einstein-Teleskop, ein unterirdischer Gravitationswellendetektor der dritten Generation, der Dunkle-Materie-Detektor DARWIN oder das Upgrade IceCube Gen2 zur Untersuchung höchstenergetischer Neutrinos auf der Roadmap. Helmut Dosch hebt die Bedeutung der Projekte aus beiden Bereichen hervor: „Mit dem Upgrade der beschleunigerbasierten Röntgenquellen wollen wir die Führungsposition Deutschlands festigen und weiter ausbauen. Und das Einstein-Teleskop wird Signale registrieren können, die Milliarden von Jahren brauchen, um uns zu erreichen. Wir dürfen in Europa nicht zuschauen, wie Asien dieses neue Fenster der Gravitationswellenastronomie nutzt“, zeigte sich Helmut Dosch überzeugt.

Von der letzten Roadmap aus dem Jahr 2015 wurden 23 Vorhaben realisiert beziehungsweise befinden sich in der Planung. Somit scheint absehbar, dass nicht alle 40 Projekte der nun veröffentlichten Roadmap tatsächlich in der nächsten Dekade umsetzbar sind. Nichtsdestotrotz hat das gestrige Symposium ihren Stellenwert verdeutlicht: „Spitzenforschung für große Herausforderungen ist das Markenzeichen der Helmholtz-Gemeinschaft und erfordert große und komplexe Forschungsinfrastrukturen. Diese sind daher ein wichtiges Missionsinstrument unserer Organisation“, betonte Otmar Wiestler.

Maike Pfalz

 

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