24.04.2018

Zersplitterte Bleicluster

Kleine Cluster aus Bleiatomen zeigen ungewöhnliches Zerfallsverhalten.

Greifswalder Physiker haben den Zerfall von Bleiteilchen im Sub­nano­bereich unter­sucht und über­raschende Erkenntnisse zu ihrem Zerfalls­verhalten gewonnen. Zwischen Atomen und Fest­körpern liegen Cluster, d.h. Teilchen, die aus wenigen bis hin zu einigen tausend Atomen bestehen. Aufgrund ihrer Größe weisen sie Eigen­schaften auf, die sowohl von den einzelnen Atomen als auch von ausgedehnten Fest­körpern abweichen. Schon das Entfernen oder Hinzu­fügen eines einzelnen Atoms kann die Eigen­schaften eines Clusters völlig verändern. Die Unter­suchung dieser Eigen­schaften ist eines der Haupt­forschungs­gebiete der Arbeits­gruppe Atom- und Molekül­physik des Instituts für Physik der Universität Greifswald.

Abb.: In der Grafik ist der Beschuss von in einer Penning-Ionenfalle gefangenen Bleiteilchen schematisch dargestellt. (Bild: S. König)

Für die neuen Untersuchungen haben die Forscher einen hochreinen Draht aus Blei mit einem Laser bestrahlt. Dies führt zur Bildung eines Plasmas aus Elektronen und Blei­atomen, welches anschließend stark abgekühlt wird, so dass sich die Blei­atome aneinander anlagern können. Die so entstandenen, elektrisch geladenen Cluster werden in Ionen­fallen gefangen, für die Messungen präpariert und mit einem Massen­spektro­meter nachgewiesen.

Bei den negativ geladenen kleinen Bleiclustern aus knapp zwanzig bis fast vierzig Atomen konnte schon bei Elektronen- und bei Laser­beschuss ein Zerfalls­verhalten beobachtet werden, dass von anderen Metallen abweicht: Während bei Kupfer-, Silber- und Gold­clustern jeweils nur einzelne neutrale Atome oder das über­zählige Elektron abgegeben werden, zerfallen die Blei­cluster in größere Bruch­stücke. Erst bei größeren Blei­clustern verschwindet der Zerfall in größere Bruch­stücke zugunsten der bekannten Abdampfung einzelner Atome, was auch von Modellen kleiner Metall­kügelchen vorhergesagt wird.

Die Experimente mit Elektronenstrahlen und Lasern wurden nun vor kurzem kombiniert. Dabei wurde zum ersten Mal eine Spaltung von zweifach negativ geladenen Metall­clustern in jeweils einfach geladene kleinere Cluster beobachtet. Damit setzt sich offensichtlich das von den Edel­metallen abweichende Zerfalls­verhalten fort, ebenso wie die Rück­kehr zu dem erwarteten Verhalten bei den größeren Clustern. Dies lässt nun vermuten, dass sich auch andere Eigen­schaften der Teilchen verändern. So legen die Beobachtungen nahe, dass es bei der Vergrößerung der Blei­cluster einen Über­gang vom Halb­leiter zum Metall gibt, während auch schon kleinste Edel­metall­cluster eher metallisch sind.

Für solche Erkenntnisse der Grundlagen­forschung interessieren sich unter anderem Werkstoff­forscher, die nach Materialien mit besonderen Eigenschaften suchen. Von Nano­teilchen erwartet man hier neue Impulse. Im Idealfall könnte man die Material­eigenschaften mittels der Cluster­größen kontrollieren – auch wenn die jetzigen Ergebnisse noch etliche Schritte von einer konkreten Anwendung entfernt sind.

U. Greifswald / DE

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