Zu wenig Hochschulautonomie
Wie haben sich die europäischen Hochschulen zwischen 1995 und 2005 verändert? Eine aktuelle Studie gibt Aufschluss.
Wie haben sich die europäischen Hochschulen zwischen 1995 und 2005 verändert? Eine aktuelle Studie gibt Aufschluss.
Mitte der 90er Jahre haben fast alle europäischen Staaten mit Reformen zur Verbesserung der Hochschulsteuerung begonnen. Eines der Hauptziele ist die Stärkung der Hochschulautonomie. Doch obwohl dieser Anspruch überall ganz oben auf der hochschulpolitischen Agenda steht, ist er bisher insgesamt eher zögerlich und vor allem sehr heterogen umgesetzt worden. Zwar lässt sich insgesamt eine wachsende finanzielle und personelle Entscheidungsfreiheit der Hochschulen feststellen, doch in etlichen Ländern haben die Reformen insgesamt sogar zu mehr und detaillierterer staatlicher Steuerung geführt statt wie beabsichtigt zu mehr Unabhängigkeit von ministeriellen Vorgaben. Dies ist eines der Ergebnisse einer internationalen Vergleichsstudie, welche das CHE gemeinsam mit den Hochschulforschungsinstituten CHEPS (Niederlande), NIFU-STEP (Norwegen) und dem europäischen Zentrum für strategisches Hochschulmanagement ESMU (Belgien), durchgeführt hat.
Im Auftrag der Europäischen Kommission wurden 32 Staaten daraufhin untersucht, wie sich zwischen 1995 und 2005 sowohl die staatliche als auch die hochschulinterne Steuerung verändert haben. Der Trend geht überall in Richtung von mehr Wettbewerb, Umbau der Hochschulen zu arbeitsteiligen Organisationen mit einem gestärkten Top-Management, Konzentration des Staates auf die strategische Steuerung bei zunehmender operativer Freiheit der Hochschulen, Umstellung auf eine leistungsorientierte Mittelverteilung und eine wachsende Bedeutung der Qualitätssicherung als zentralem Steuerungsmechanismus. Bei der Umsetzung gibt es hingegen noch erhebliche Schwierigkeiten, und zwar vor allem was die angestrebte staatliche Deregulierung anbelangt.
So sind beispielsweise Strategie und Struktur von Hochschulen weiterhin stark staatlich beeinflusst. In vielen Ländern wollen die Regierungen nach wie vor die Ausrichtung und strategische Zielsetzung der Hochschulen bestimmen, genauso wie die hochschulinternen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen. Erhebliche Anstrengungen sind europaweit im Bereich „Qualitätssicherung“ von Lehre und Studium unternommen worden. Viele Länder haben nationale Qualitätssicherungs- und Akkreditierungsagenturen eingerichtet, die nun dafür sorgen sollen, dass die Hochschulen interne Qualitätsmanagement-Systeme aufbauen. Oft handelt es sich bei diesen Agenturen indes nicht um unabhängige Einrichtungen, sondern um staatliche Stellen. Die Ergebnisverantwortung für die Qualität der Studienprogramme liegt fast überall bei den Hochschulen, entsprechend besitzen sie durchgehend einen großen Entscheidungsfreiraum bei der inhaltlichen Gestaltung von Studienangeboten. Ein sehr uneinheitliches Bild ergibt sich hingegen bei der Gestaltung des Hochschulzugangs. In den vielen Ländern können Hochschulen sich ihre Studierenden nicht selbst aussuchen. Studiengebühren gibt es im überwiegenden Teil der 32 untersuchten Länder und dort, wo sie angewandt werden, stellen sie eine wesentliche Einnahmequelle für Hochschulen dar.
Quelle: CHE
Weitere Infos:
- CHE - Centrum für Hochschulentwicklung:
http://www.che.de - Studie „The extent and impact of higher education governance reform across Europe“:
http://ec.europa.eu/education/policies/2010/lisbon_en.html