10.05.2016

Zwei-Quanten-Oszillationen mit Terahertz-Impulsen

Atomare Schaukel in Halbleiterkristall bewegt sich zugleich nach links und nach rechts.

Das klassische Pendel einer Standuhr schwingt mit einer wohl definierten Aus­lenkung und Geschwindigkeit zu jedem Zeitpunkt vor und zurück. Während dieser Schwingung bleibt seine Gesamt­energie konstant, welche durch eine beliebig wählbare Anfangs­auslenkung vorgegeben ist. Oszillatoren in der Quanten­welt der Atome und Moleküle verhalten sich völlig anders: Deren Energie hat diskrete Werte entsprechend der unterschiedlichen Quanten­zustände eines Oszillators. Den „verschmierten” Ort eines Atoms in einem Energie­eigenzustand des Oszillators beschreibt die Wellen­funktion, deren Amplitude keinerlei Schwingungen aufweist.

Abb.: (a) 2D-Scan der Summe der elektrischen Felder der drei treibenden Terahertz-Impulse A, B und C. Das Konturdiagramm ist rot gefärbt für positive elektrische Felder und blau für negative. (b) 2D-Scan des von der Zwei-Phononen-Kohärenz im Halbleiter Indiumantimonid nichtlinear abgestrahlten, elektrischen Feldes. (Bild: MBI)

In der Quantenwelt hingegen entspricht die Überlagerung zweier benachbarter Oszillator­zustände einer Ein-Quanten-Kohärenz, bei der die Atom­bewegung dem klassischen Pendel sehr ähnelt. Viel interessanter sind Zwei-Quanten-Kohärenzen, eine wasch­echte nicht-klassische Anregung, bei der ein Atom gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein kann. Seine Geschwindigkeit verhält sich auch nicht-klassisch, was bedeutet, dass es sich zur selben Zeit von links nach rechts und von rechts nach links bewegt. Solche Bewegungen existieren nur für sehr kurze Zeiten, weil die wohldefinierte Überlagerung der Quanten­zustände aufgrund der Dekohärenz innerhalb weniger Piko­sekunden zerfällt. Solche Zwei-Phononen-Kohärenzen sind äußerst wichtig in dem neuen Forschungs­gebiet der Quanten-Phononik. Dort werden nicht-klassische Atom­bewegungen wie etwa „gequetschte” oder „verschränkte” Phononen untersucht.

Nun haben Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin die neue Methode der Zwei-Dimensionalen Terahertz-Spektroskopie eingesetzt, um nicht-klassische Zwei-Phononen-Kohärenzen mit großen räumlichen Amplituden zu erzeugen und nachzuweisen. In den Experimenten wechsel­wirkt eine Sequenz von drei phasen­gekoppelten Terahertz-Impulsen mit einem 70 Mikrometer dicken Kristall des Halb­leiters Indium­antimonid. Das elektrische Feld, das die bewegten Atome abstrahlen, dient als eine Sonde für die Atom­bewegung in Echt­zeit. Ein zwei-dimensionales Abraster­verfahren, bei dem die zeitliche Verzögerung zwischen den drei Terahertz-Impulsen variiert wird, zeigte ausgeprägte Zwei-Phononen-Signale und konnte deren Zeit­struktur aufdecken. Eine detaillierte theoretische Analyse brachte die Einsicht, dass nicht­lineare Vielfach-Wechsel­wirkungen von allen drei Terahertz-Impulsen nötig sind, um solche starken Zwei-Phonen-Kohärenzen anzuregen.

Die neue experimentelle Methode erlaubte zum ersten Mal, Zwei-Phononen-Kohärenzen großer Amplitude in einem Kristall nachzuweisen. Alle experimentellen Beobachtungen sind in exzellenter Über­einstimmung mit der Quanten­theorie. Dieser neue Typus von 2D-Terahertz-Spektro­skopie weist den Weg zur Erzeugung, Analyse und Manipulation von anderen Niedrig-Energie-Anregungen in Festkörpern, wie z.B. Magnonen oder optischen Übergängen in Exzitonen oder an Stör­stellen gebundenen Elektronen.

FVB / DE

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