07.11.2025

Zweidimensionale Quantenmaterialien als Lichtfalle

Van-der-Waals-Heterostrukturen können auf natürliche Weise als Resonatoren für langwelliges Terahertz-Licht dienen.

Quantenmaterialien sind eine faszinierende Plattform für Zukunftstechnologien, da sie eine Vielzahl exotischer Phänomene beherbergen, die über den Rahmen der klassischen Physik hinausgehen. Unter ihnen stechen Van-der-Waals-Heterostrukturen hervor: Sie entstehen durch das Übereinanderlegen verschiedener zweidimensionaler Schichten, die nur ein Atom dick sein können. Diese Strukturen lassen sich bemerkenswert leicht manipulieren und bieten eine beispiellose Abstimmbarkeit und ein riesiges Forschungsfeld. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) und der Columbia University hat herausgefunden, dass Van-der-Waals-Heterostrukturen auf natürliche Weise als Resonatoren für langwelliges Terahertz-Licht (THz) dienen können.

Stehende Wellen von Terahertz-Licht werden in leitfähigen Schichten einer Van-der-Waals-Heterostruktur eingeschlossen. Selbstresonanzmoden in Graphen (rot) und einem Graphit-Gate (blau) hybridisieren im Bereich ultrastarker Kopplung.
Stehende Wellen von Terahertz-Licht werden in leitfähigen Schichten einer Van-der-Waals-Heterostruktur eingeschlossen. Selbstresonanzmoden in Graphen (rot) und einem Graphit-Gate (blau) hybridisieren im Bereich ultrastarker Kopplung.
Quelle: MPSD / Brad Baxley

Anhand der Licht­durch­lässig­keit eines Materials können For­schen­de Rück­schlüsse auf die Phase eines Mate­ri­als, die Anord­nung der Elek­tronen und Atome sowie die Ur­sachen für diesen An­ordnungs­prozess ziehen. Elek­tri­sche Geräte aus Van-der-Waals-Hetero­struk­turen sind in der Regel mikro­meter­groß – etwa so breit wie ein mensch­liches Haar. Dies ist zwar vor­teil­haft für zu­künf­tige Anwen­dungen, bei denen kleine, dicht gepackte Schalt­kreise wün­schens­wert sind, erschwert jedoch spek­trale Mes­sungen, bei denen ihre Eigen­schaf­ten mit Hilfe von niedrig­energe­ti­schem Licht unter­sucht werden. Der Grund dafür ist, dass die rele­vante Wellenl­änge von THz-Licht weit größer ist als die mikro­meter­großen Proben. Dies veran­lasste das Wis­sen­schafts­team, auf der Grund­lage der Postdoc-Arbeit von James McIver einen neuen Chip-Schalt­kreis zu ent­wickeln. Dieser begrenzt das Licht auf eine Größe, die kleiner ist als die Wellen­länge des Lichts, und über­windet so die Größen­unter­schiede zwischen Licht und Mate­rial. Mit diesem Chip ist es nun endlich mög­lich, die Absorp­tion von Licht im THz-Bereich zu messen.

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Vielfalt in zwei Dimensionen

Bei der Messung der Absorp­tion in einer sehr ein­fachen Struktur, die nur aus zwei aktiven Schich­ten besteht – eine Graphen, die einen Parallel­platten­konden­sator mit einer etwas dickeren Schicht aus Graphit bil­det – erlebte das Team jedoch eine Über­raschung. Obwohl Graphen eines der am besten verstan­denen Van-der-Waals-Materi­alien ist, war die Art und Weise, wie Graphen Licht einfängt und mit der Graphit­schicht inter­agiert, nicht zu erwarten. Beide Schichten bilden einen Hohl­raum. „Tradi­tionell werden optische Hohl­räume durch zwei paral­lele Spiegel gebildet, die Licht einfangen und es viele Male hin und her reflek­tieren lassen. Durch das Ein­bringen eines Mate­rials in einen solchen Hohl­raum ent­stehen starke Wechsel­wirkungen zwischen dem einge­fangenen Licht und dem Material, wodurch oft neue physika­lische Phäno­mene sicht­bar werden, die durch diese Vermi­schung von Licht und Materie ent­stehen“, erklärt James McIver, Gruppen­leiter am MPSD und PI des Teams. „Wir haben fest­gestellt, dass Van-der-Waals-Hetero­struk­turen keine exter­nen Spiegel benö­tigen. Die Ränder der winzigen Proben selbst fungieren als reflek­tie­rende Spiegel. Das eröffnet span­nende Möglich­keiten, da diese Hohl­raum­effekte tatsäch­lich zur Steue­rung der Material­eigen­schaften genutzt werden können“, erläu­tert Hope Bret­scher und fügt hinzu: „In unserem neu gebildeten Hohl­raum war die Wechsel­wirkung zwischen den beiden aktiven Schichten im Material so stark, dass sie in den ‚ultra­starken Kopplungs­bereich‘ eintrat.“

Diese Ergebnisse sind aus zwei Gründen sehr spannend. Erstens hat das Team die Möglich­keit geschaffen, spektro­skopische Unter­suchungen dieser Van-der-Waals-Hetero­strukturen auf der Energie­skala ihrer emer­genten Quanten­phasen durchzu­führen und damit einen einzig­artigen Ansatz zur Untersuchung ihrer Material­eigenschaften einge­führt. Darüber hinaus haben sie gezeigt, dass die extreme Begrenzung des Lichts es grund­sätzlich ermöglichen könnte, das Material unter bestimmten Geräte­konfigurationen durch Quanten­vakuum­fluktua­tionen zu steuern. Diese Energie­fluktua­tionen treten überall um uns herum auf, sind jedoch im freien Raum sehr schwach und können in der Regel ignoriert werden. Wenn die Kopplung zwischen Licht und Materie so stark erhöht wird, wie es das Team festge­stellt hat, können die Quanten­materi­alien und die Quanten­fluktua­tionen zusammen­wirken.

Teammitglied Gunda Kipp sieht großes Potenzial für zukünftige Experi­mente: „Wir haben festge­stellt, dass die Licht-Materie-Kopplung so stark verstärkt wurde, dass es in Zukunft sogar möglich sein könnte, dass Quanten­vakuum­fluktua­tionen die Entstehung neuer Materie­zustände ermög­lichen.“

Diese Ergebnisse zeigen, wie die Erfor­schung neuer Bereiche oft zu Beobach­tungen mit beein­druckenden Ergeb­nissen führt. Insbesondere könnte die Verwendung von Licht zur Unter­suchung und Steue­rung dieser hoch­gradig abstimm­baren Materi­alien dazu genutzt werden, elektronische Geräte für eine Reihe von Anwendungen zu entwickeln, von hoch­empfind­lichen Einzel­photonen-Detektoren über neue Supra­leiter bis hin zu anderen Möglich­keiten, Compu­ter zu bauen. Die Forschung in diesem Bereich steht erst am Anfang. [MPSD / dre]

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Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie

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Deutschland

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