In einer atomar dünnen Halbleiterschicht, die über einen Nanodraht gespannt wird, entsteht ein Kanal für die Bewegung von Exzitonen. (Bild: Jörg Bandmann / ct.qmat, vgl. S. 51)
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In einer atomar dünnen Halbleiterschicht, die über einen Nanodraht gespannt wird, entsteht ein Kanal für die Bewegung von Exzitonen. (Bild: Jörg Bandmann / ct.qmat, vgl. S. 51)
Interview mit Beate Heinemann
Zu: L. Schröter und U. Bleyer, Physik Journal, Januar 2022, S. 3, mit Erwiderung der Autoren
Ob und welche Strukturen schmelzendes Eis ausbildet, hängt aufgrund der Dichteanomalie des Wassers stark von der Umgebungstemperatur ab.
Für jedes Thema im Physikunterricht gibt es teils sehr unterschiedliche Unterrichtskonzeptionen.
Unterrichtskonzeptionen sind ausgearbeitete Entwürfe für die inhaltliche Gestaltung des Physikunterrichts in der Schule. Verblüffend ist es, wie unterschiedlich Physikunterricht zu einem Thema konzipiert, die Teilthemen angeordnet und welche Erklärungsansätze und Visualisierungen verwendet werden können.
Warum beginnt der Physikunterricht der gymnasialen Oberstufe eigentlich fast immer mit Kinematik und Dynamik? Und wieso erfolgt der Einstieg in die Elektrizitätslehre meistens über die Stromstärke statt über das Potential und die Spannung? Wenn man ein wenig über diese Fragen nachdenkt, stellt sich schnell heraus, dass es nicht wirklich zwingende Argumente für dieses Vorgehen gibt. Ebenso wäre es möglich, nicht mit der Mechanik, sondern mit einer Vertiefung der Energielehre in den Physikunterricht der Oberstufe einzusteigen, dabei auf grundlegendem Wissen aus der Mittelstufe aufzubauen und zunächst mit vergleichsweise sparsamen mathematischen Mitteln zu arbeiten. Genauso wichtig wie die Reihenfolge der einzelnen Themen ist es, über ihre inhaltliche Gestaltung nachzudenken. Überlegungen dazu, wie sich die jeweils zentralen physikalischen Größen konzeptualisieren lassen, welche Teilthemen besonders wichtig sind und in welcher Reihenfolge welche Aspekte vorkommen sollten, gehören unabdingbar zur Unterrichtsplanung. Dass solche Überlegungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, zeigt sich schnell beim Vergleich verschiedener Lehrbücher. Die Annahme, dass die Reihenfolge physikalischer Themen sich zwangsläufig sachlogisch ergibt und die physikalischen Grundkonzepte in einer ganz bestimmten Art und Weise einzuführen sind – beispielsweise so, wie man es selbst als Schülerin oder Schüler einmal erfahren hat –, stellt sich als irrig heraus. Es geht auch anders. (...)
Die Ausbreitung von Quanteninformation in komplexen Vielteilchensystemen hängt eng mit klassischem Chaos zusammen.
Chaotisches Verhalten ist dadurch charakterisiert, dass sich kleinste Änderungen der Anfangsbedingungen eines nichtlinearen Systems exponentiell auf dessen Entwicklung auswirken – ein Phänomen, das auch als Schmetterlingseffekt bekannt ist. Ein Analogon dazu tritt auch in Quanten-Vielteilchensystemen auf und lässt sich mit besonderen Kommutatoren beschreiben, die aus der Festkörpertheorie bekannt sind.
In einer wenig beachteten, aber weit vorausschauenden Arbeit wies Albert Einstein 1917 darauf hin, dass die dem Bohrschen Atommodell zugrunde liegende Bohr-Sommerfeldsche Quantisierung der elliptischen Elektronenbahnen für nicht-integrable Systeme auf gravierende konzeptionelle Schwierigkeiten stößt [1]. In der Tat scheiterte diese „alte Atomtheorie“, die sich beim Wasserstoffatom als so erfolgreich erwiesen hatte, vor einem Jahrhundert beim Versuch, sie auf kompliziertere atomare und molekulare Systeme zu verallgemeinern.
Es dauerte weitere fünfzig Jahre, bis Martin Gutzwiller in einer Serie bahnbrechender Arbeiten eine methodische Brücke zwischen der klassischen und der Quantenmechanik nicht-integrabler Systeme schlug [2].1) Genauer gesagt verknüpfte er die chaotische Dynamik eines Teilchens in einem klassischen System mit dem Energieniveau-Spektrum des dazu korrespondierenden Quantensystems. Während Bohrs Zugang auf adhoc-Annahmen beruhte, entwickelte Gutzwiller eine konsistente semiklassische Theorie. In deren Rahmen ließ sich zum einen der Erfolg der alten Atomtheorie für integrable Systeme mit stabilen klassischen Bahnen einordnen; zum anderen aber trug sie dem allgemeineren nicht-integrablen Fall adäquat Rechnung, dass sich die klassische Bewegung häufig nichtlinear chaotisch vollzieht. (...)
Interview mit Benjamin von Lospichl
Nach dem Physikstudium und zwei Jahren als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin wechselte Benjamin von Lospichl (30) zur Bundespolizei. Dort ist er seit rund einem Jahr als Fachberater in der Bundespolizeidirektion 11 tätig. Diese wurde 2017 angesichts einer weltweit gestiegenen Bedrohungslage durch terroristische Angriffe gegründet, um die Spezialkräfte in einer Direktion zusammenzufassen.
Zum 200. Geburtstag von Rudolph Clausius (1822 – 1888)
Der Name Clausius lässt heute am ehesten an die Clausius-Clapeyron-Gleichung über den Zusammenhang von Dampfdruck und Temperatur von Flüssigkeiten denken oder an die Clausius-Mossotti-Gleichung, welche die makroskopische und mikroskopische Polarisierung fester Körper verknüpft. Sicher finden dann auch der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik und der bis heute schwierige Entropie-Begriff Erwähnung. Rudolph Clausius selbst scheint dagegen heute weitgehend vergessen zu sein. Dabei gibt es Gründe genug, sein Leben und Werk und sein weit über die Grenzen der Physik hinaus wirkendes Erbe in ein helleres Licht zu rücken.
Rudolph Julius Emmanuel Clausius wurde am 2. Januar 1822 im pommerschen Köslin (heute Koszalin, Polen) als Sohn eines Schulrats und Pfarrers geboren. 1834 zog die Großfamilie – Clausius hatte 14 Geschwister – nach Ueckermünde. Sechzehnjährig verließ er das Elternhaus, um in das Marienstiftsgymnasium in Stettin einzutreten. Dort unterrichteten hochqualifizierte und engagierte Lehrer wie Justus Günther Graßmann, ein bekannter Naturforscher und Vater des Pioniers der Vektor- und Tensorrechnung Hermann Graßmann. Schon als Gymnasiast interessierte sich Clausius auch für die Funktionsweise der damals im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehenden Dampfmaschine (Abb. 1). Nach dem Abitur immatrikulierte er sich zum Wintersemester 1840/41 an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität. Dort belegte Clausius nicht nur Physik-, Mathematik- und andere naturwissenschaftliche Vorlesungen, sondern pflegte auch seine ausgeprägten Interessen für Geschichte und Philosophie. (...)
Im Exzellenzcluster ct.qmat arbeiten Forschende aus Würzburg und Dresden zusammen, um besondere Materialeigenschaften mit einem nobelpreisgekrönten Ansatz zu untersuchen.
Das Cluster ct.qmat ist das einzige in der Exzellenzstrategie, für das zwei Standorte in verschiedenen Bundesländern gemeinsam einen Antrag gestellt haben. Die Forschenden in Würzburg und Dresden arbeiten an Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien: Sie nutzen die Topologie, ein Teilgebiet der Mathematik, um ungewöhnliche Zustände von Materie besser zu verstehen und gezielt zu erzeugen. Dabei arbeiten Theorie und Experiment eng zusammen und nutzen aus, dass sich die Forschungsschwerpunkte an beiden Orten ergänzen.
Schon die Entfernung von 300 Kilometern Luftlinie zwischen den Partnerinstitutionen des Clusters ist bemerkenswert, doch die eigentliche Schwierigkeit der gemeinsamen Antragstellung lag an ganz anderer Stelle: „Wir mussten die Rahmenbedingungen zweier Hochschulgesetze beachten“, erinnert sich Matthias Vojta, der für die Beteiligten in Dresden spricht. Die Idee zu der außergewöhnlichen Zusammenarbeit ergab sich aus früheren Kollaborationen. „In Würzburg fehlte trotz einer starken Festkörperphysik an der Universität schlicht die ‚kritische Masse‘, um sich für ein Exzellenzcluster zu bewerben“, ergänzt der Würzburger Sprecher Ralph Claessen. Mit zahlreichen außeruniversitären Einrichtungen traf das auf Dresden zwar nicht zu; die Erfolgsaussichten waren gemeinsam aber deutlich besser. Als wissenschaftliche Basis für den Antrag dienten die Arbeiten aus zwei Sonderforschungsbereichen zu topologischen Materialeigenschaften und zu korreliertem Magnetismus, welche die Deutsche Forschungsgemeinschaft seit 2015 in Würzburg und Dresden finanziert. (...)
758. WE-Heraeus-Seminar
722. WE-Heraeus-Seminar