25.03.2024

Alles Zufall im All?

Dominika Wylezalek und Erik Bertram: Alles Zufall im All?, Kosmos Verlag, ­Stutt­gart 2023, brosch., 224 S., 18 Euro, ISBN 9783440177907

Dominika Wylezalek und Erik Bertram

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„Wenn Sie einen Apfelkuchen von Grund auf selbst machen wollen, müssen Sie zuerst das Universum erfinden“, so elegant schlug Astrophysiker Carl Sagan in seiner legendären Fernsehserie „Cosmos“ den Bogen vom Essen zur Kosmologie. „Was hat das Universum mit einer Pizza zu tun?“ lautet die plakative Frage dieses Buches, das astronomische Themen auf gastronomische Weise bekömmlich zubereiten möchte. 

Das „Koch-Duo“ besteht aus der beobachtenden Astrophysikerin Dominika Wylezalek und Erik Bertram, theoretischer Astrophysiker und mittlerweile Professor für Digital Business Management in Heidelberg. Beide kennen sich aus dem Studium und wechseln sich bei den Kapiteln im Buch ab. Sie beginnen mit Eindrücken von der eigenen astronomischen Forschung und spannen den Bogen zeitlich vom Urknall bis zur Frage nach der Entstehung des Lebens auf der ­Erde und vielleicht sogar woanders im Universum. Die Frage des Buchtitels streifen sie zumindest im Epilog. 

Wylezalek und Bertram plaudern locker und durchaus anregend. Immer wieder ziehen sie kulinarische Parallelen. So veranschaulichen sie das Prinzip der aufgerollten Dimensionen anhand eines Mojitos. Hier kommt die gelungene und witzige Gestaltung des Buches durch die Comic­zeichnerin Véro Mischitz zum Tragen. Das leider etwas seltsam ausgefallene Cover stammt nicht von ihr. 

Schwierig wird es dann, wenn der Tonfall Verständlichkeit vorgibt, ohne diese zu bieten. Das führt schnell zu ungaren Stellen. Bei der Erklärung von kopernikanischem und kosmologischem Prinzip (S. 72) geht so manches durcheinander, nicht zuletzt, weil das kopernikanische Prinzip nicht gleichbedeutend mit der Homogenität des Universums ist. Die Diskussion über „Schönheit in der Physik“ ist für Laien ohne tiefere Einsichten in den mathematischen Apparat der Theorie wohl eher ungenießbar. Die Erklärung numerischer Simulationen bereits ab Seite 26 als Vorspeise zu servieren, dürfte die anvisierte Zielgruppe eher abschrecken. Der wechselnde Stil – mal ist es überzeugend popularisierend, mal klingt es allzu sehr nach Science-Slam oder nach Kinder-Uni – macht es mir schwer, die genaue Zielgruppe auszumachen. 

Wenn Wylezalek und Bertram etwas aus der Wissenschaftsgeschichte berichten, darf man – vorsichtig ausgedrückt – nicht alles für bare Münze nehmen. So hatten Arno Penzias und Robert Wilson als Radio­astronomen von Anfang an vor, mit ihrer Horn­antenne die Milchstraße zu untersuchen und nicht, „Experimente mit erdnahen Satelliten“ (S. 68) zu machen. Warum Hornantenne ein „süffisanter Name“ sein soll, erschließt sich mir nicht. Das ist eine der Pointen im Buch, die keinen rechten Nährwert haben. Bei der Vorstellung der Elementarteilchen von „simple(r) Physik wie aus dem Baukasten“ zu sprechen und zu folgern: „So machen die Lego-Steine der Kinder wieder Spaß.“, ist bemüht und irreführend. Hier und an anderen Stellen wäre ein kritisches Lektorat sicher nützlich gewesen. 

Die geradezu wissenschaftlichen Quellenangaben finde ich verzichtbar. Dagegen wäre ein Register hilfreich gewesen. Wieso bei der weiter­führenden Literatur unterschlagen wird, dass drei der englischen Bücher auch auf Deutsch verfügbar sind, wundert mich. 

Das gebotene Menü kann ich nur etwas eingeschränkt empfehlen. Aber die Geschmäcker sind verschieden und es enthält genug hübsch angerichtete Häppchen, die Appetit machen sollten, den aufgeworfenen Fragen weiter nachzugehen. Vielleicht kommt dann ja ein Apfelkuchen dabei heraus. 

Alexander Pawlak


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