14.07.2025 • Raumfahrtliteratur

Armstrongs Erben

Christoph Seidler, Armstrongs Erben — Der neue Wettlauf zum Mond, Piper, München 2025, geb., 336 Seiten, 22 Euro, ISBN 9783492073264

Christoph Seidler

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Verfolgt man die unbemannte Raumfahrt der vergangenen zehn Jahre, scheint es eine gewisse Renaissance der Mondmissionen zu geben. Mit Artemis I begann die NASA zudem mit ihren Vorbereitungen für eine bemannte Rückkehr zum Mond. Eine bemannte Mondumrundung plant ist derzeit nach bereits zwei Terminverschiebungen für April 2026. Die Volksrepublik China hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 eine dreiköpfige Besatzung zum Mond zu senden und dort auch zu landen.

Konkurrenz belebt das Geschäft, aber im Gegensatz zu den 1960er-Jahren, in denen ein prestigeträchtiger Wettstreit der USA und Sojwjetunion im Weltraum stattfand, stellt sich die Frage, inwieweit wir es aktuell mit einem „Kampf der Supermächte um den Mond“ zu tun haben, wie es der Untertitel des Buches verheißt. Geschrieben hat es der Spiegel-Reporter Christoph Seidler, der sich seit Langem mit dem Thema Raumfahrt beschäftigt.

Im ersten Teil seines Buches lässt er den ersten Wettlauf zum Mond Revue passieren.Hier fällt bereits, dass der Magazin-Journalist ein Faible für Anekdotisches hat und gerne zeitgenössische Zeitungsartikel heranzieht. Das macht den Text unterhaltsam, bietet aber wenig Erkenntnisgewinn, wenn man sich schon mal mit dem Thema beschäftigt hat. Den Abschluss bilden die Apollo-Sojus-Mission und Ausführungen über die Mondproben, die zur Erde gebracht wurden und immer wieder neuen wissenschaftlichen Analysen unterzogen werden.

Danach widmet sich Seidler im Kapitel „Ein neuer Wettlauf“ der Mondpläne der USA und China. Hier macht er deutlich, dass sich beide Großmächte zwar argwöhnisch beäugen, aber gleichzeitig auf internationale Partner setzen. Die Frage „Was wollen die alle überhaupt auf dem Mond?“ kann auch Seidler nicht befriedigend klären und bleibt angesichts von Prognosen in Bezug auf eine „lunare Wirtschaft“ sicher zu recht skeptisch.

Hier wäre ein Kapitel zwischen den beiden Wettläufen angebracht gewesen, das sich beispielsweise mit den "Space Benefits" des Apollo-Programms beschäftigt hätte – so der Titel einer Veröffentlichungsreihe der NASA, mit der sich die weiteren Auswirkungen der Raumfahrt für Technik, Wirtschaft und Gesellschaft dokumentierte. Damit hätte sich vielleicht auch besser illustrieren lassen, wie sich die Umstände des Wettlaufs im Weltraum damals und heute unterscheiden.

Apollo und Artemis

Alexander Pawlak • 2/2024 • Seite 6

Mondmissionen geerdet

Alexander Pawlak • 1/2023 • Seite 6

Erfolgreich ins Wasser gefallen

Alexander Pawlak • 6/2020 • Seite 10

Bis zum Mond … und noch viel weiter

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Alexander Pawlak • 7/2019 • Seite 62

Schwerpunkt: 50 Jahre Mondlandung

Im Weiteren wandelt sich Seidler zum kundigen Begleiter sowie Rechtsberater für die Reise zum Mond. Hier lässt sich viel über all das erfahren, was für den Weg zum und den Aufenthalt auf dem Mond nötig ist – ohne allzu viele technische Details, aber immer wieder mit launigen Abschweifungen und Reportage-Episoden. Im Grunde erhält man mit dem Buch ein sehr umfangreiches Spiegel-Spezial-Heft, allerdings ohne eine großzügige Bebilderung.

Diese ist ein Manko, wenn man bedenkt, wie umfangreich das Bildmaterial zu vergangenen und durchaus auch künftigen Mondmissionen ist. Da enttäuscht der schwarzweiße achtseitige Bildteil in der Buchmitte, selbst wenn sich das eine oder andere weniger bekannte Bild darin findet. Informative Grafiken oder Tabellen fehlen ebenfalls, stattdessen schmückt nur ein immer gleicher blaßgrauer Mond die Kapitelanfänge.

Die fast vierzig Seiten Anmerkungen sind eigentlich nur die Quellennachweise zum Text, wobei die Angaben spartanisch bis unbrauchbar sind. Das hätte man auch ins Web auslagern können und dafür ein brauchbares Register und eine kommentierte Literaturliste einfügen können. Die Mondliteratur ist so uferlos, dass Orientierungshilfen über die vereinzelten Tipps im Buch hinaus wünschenswert gewesen wären.

Ich hätte mir an vielen Stellen auch mehr Information und weniger Geplauder gewünscht. Stellevertretend seien die Auslassungen über das Kennedy-Attentat genannt. Gewiss war Kennedy als Impulsgeber des Apollo-Programms wichtig, aber dass der Nachrichtensprecher Walter Cronkite ein weißes Hemd und schwarzen Schlips trug oder sich Jackie Kennedy für ein Foto nach dem Attentat auf ihren Mann so postierte, dass die Blutflecken auf ihrem Kostüm nicht zu sehen waren, ist für das eigentliche Thema des Buches irrelevant, über das es immer mehr Spannendes zu erzählen gibt, als in ein Buch passt.

Dennoch: Wenn man einen gut lesbaren ersten Einstieg in die „Dynamiken und Ziele“ der Mondraumfahrt sucht, der auch politische und staatsrechtliche Aspekte berührt, liegt man mit Seidlers Buch sicher nicht falsch.

Alexander Pawlak

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