02.07.2013

Arnold Sommerfeld

Michael Eckert: Arnold Sommerfeld. Atomphysiker und Kulturbote 1868-1951, Wallstein, Göttingen 2013, 604 S., geb., 39,90 €, ISBN 9783835312067

Michael Eckert

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Der theoretische Physiker Arnold Sommerfeld hat das zweifelhafte Privileg, diejenige Persönlichkeit zu sein, die am häufigsten für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde (wir lernen hier: 81 Mal!), ohne ihn je erhalten zu haben. Heute erinnert man sich an ihn vor allem als denjenigen, der ab 1915 das Bohrsche Atommodell um relativistische Feinstruktur und andere Feinheiten erweiterte. Außerdem hat er in München eine ganze Generation hochbegabter Studierender ausgebildete, darunter Heisenberg, Pauli und Wentzel, die ab 1925 dann die Quantenmechanik entwickelten und wichtige Lehrstühle für theoretische Physik besetzten. Hierüber hat Michael Eckert bereits in seinem Buch über die Sommerfeld-Schule berichtet.

Sommerfeld hatte an der Albertina-Universität Königsberg Mathematik und Physik studiert, war dann nach kurzem mineralogischen Intermezzo als Assistent von Felix Klein in Göttingen langsam von der Mathematik in die theoretisch-mathematische Physik abgedriftet und dozierte nach kurzen Lehrtätigkeiten an der Bergakademie Clausthal sowie an der TH Aachen ab 1906 als Ordinarius an der LMU in München. Dort musste er ab 1933 auch den durch die NS-Wissenschaftspolitik hervorgerufenen Niedergang der Physik in Deutschland sowie die Skandale um die Neubesetzung seines herausragenden Lehrstuhls mit einem unbedeutenden rechtsradikalen Aerodynamiker miterleben, die hier quellennah in aller Ausführlichkeit ausgebreitet werden. „Kulturbote“ im Untertitel des Buches bezieht sich auf einige Auslandsreisen Sommerfelds nach Indien, China, Japan sowie in die USA, in denen er von seinen Gastgebern sehr hofiert wurde.

Der Autor und gleichzeitige Herausgeber der zweibändigen Auswahledition von Sommerfelds wissenschaftlicher Korrespondenz legt hier zwar nicht die erste, aber die bei weitem umfangreichste und gründlichste Biographie Sommerfelds vor. Während Ulrich Benz 1975 in seiner Studie über den Lehrer und Forscher an der Schwelle des Atomzeitalters noch weitgehend auf publizierte Quellen basierte, dafür aber gelegentlich auch Formeln oder Termdiagramme nicht scheute, rekurriert Eckert intensiv auf dem wissenschaftlichen und privaten Briefwechsel Sommerfelds und bietet dadurch viele neue Einsichten. Er vermeidet aber jedwede physikalische Ableitung und technische Details. Angesichts der unverhohlenen Liebe Sommerfelds für partielle Integrale über Riemannsche Blätter ein schmerzhafter Abstrich – dennoch eine für (Physik)-Historiker sowie für historisch interessierte Physiker empfehlenswerte Lektüre.

Prof. Dr. Klaus Hentschel, Universität Stuttgart

Erschienen in Physik in unserer Zeit 44(4), 204 (2013)

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