Bauen, erleben, begreifen: Technikgeschichte mit fischertechnik
D. Fox, T. Püttmann: Bauen, erleben, begreifen: Technikgeschichte mit fischertechnik, dpunkt.verlag, Heidelberg 2015, 364 S., broschiert, 26,90 €, ISBN 9783864902963
D. Fox, T. Püttmann
Auf 350 Seiten und mit mehr als 330 Abbildungen widmen sich der Informatiker Dirk Fox und der Mathematikprofessor Thomas Püttmann ausgewählten Highlights der Technikgeschichte. Auf den ersten Seiten wird dem Leser bewusst, dass es sich bei dem Buch um einen Teil einer aufwändig erstellten Online-Präsenz zu funktionsfähigen Technikmodellen – gebaut aus dem fischertechnik Baukastensystem – handelt. Das Buch leitet dabei in den historischen Hintergrund um Erfinder und Technik sowie deren gesellschaftliche Relevanz ein und fasst stellenweise auch die zugrunde liegenden physikalischen Prinzipien zusammen. Im Web-Auftritt finden sich Videos, Bauanleitungen, Software-Downloads und Bauteilelisten zu den vorgestellten fischertechnik-Modellen.+) So thematisiert Kapitel 4 die „Turmuhr mit Schlagwerk“. Die historische Aufarbeitung erfolgt im Printmedium entlang der essenziell notwendigen Technologie-(Teil-)Entwicklungen wie Spindel- und Ankerhemmung, Unruh, Pendel und Waagbalken und stellt diesen die zu lösenden physikalisch-technischen Fragestellungen voran. Ausgehend von Originaldokumenten wie einem Holzstich von Hyugens‘ Pendeluhr aus dem Jahre 1656 werden der Aufbau der Uhr, die Funktion ihrer Antriebs- und Anzeigeeinheit oder der Übersetzung zwischen Schlossscheibe und Schlagrad anhand von prototypischen fischertechnik-Modellen in sehr anschaulicher Form fotografisch erläutert. Im Online-Auftritt findet der Leser neben Bauanleitungen auch Links zu Modellvarianten sowie Videos von weiteren fischertechnik-Uhren.
Der gewählte multimediale Ansatz geht somit über viele Mitmach-Bücher hinaus, die aktuell zahlreich im Sog der Maker- oder Do-it-Yourself-Bewegung zu finden sind. Dementsprechend richtet sich das Buch nicht nur an Technikbegeisterte, Bastler oder fischertechnik-Liebhaber (wie die Autoren offensichtlich selbst), sondern auch an Lehrende, die ihren Unterricht mit praktischen Beispielen ansprechend gestalten und erweitern wollen. Die Wahl des fischertechnik-Baukastensystems zur Realisierung der Modelle (Rechenmaschine, Sextant, Planetarium, Differentialgetriebe etc.) ist übrigens ein konsequentes Resultat der Buchkonzeptionierung, da das System auf Technikbauteile wie Getriebe, Zahnräder, Schalter, Pneumatik-Zylinder oder Metallstangen spezialisiert ist. Eine geringere Betonung auf fischertechnik zu Gunsten einer ausgewogeneren historischen und technologischen Darstellung hätte aber vermutlich nicht geschadet – schließlich zielt der spielerische Mehrwert dieses facettenreichen Buches bereits auf Leser mit einem entsprechenden Bausteinsortiment.
Prof. Dr. Mirco Imlau, Universität Osnabrück