17.11.2003

Coherent Evolution in Noisy Environments

Buchleitner, Hornberger

A. Buchleitner, K. Hornberger: Coherent Evolution in Noisy Environments
(Lecture Notes in Physics Band 611), Springer Verlag, Berlin.


Aus gutem Grund erlernt man die Quantenmechanik in der Idealisierung von perfekt isolierten Systemen mit nur wenigen Freiheitsgraden. Jedes reale System ist aber verkoppelt mit seiner i. A. 'verrauschten' Umgebung. Diese Wechselwirkung beeinträchtigt die Kohärenz der idealisierten Quantendynamik oder zerstört diese sogar ganz. In den Experimenten zur elementaren Quantenmechanik bedarf es einiger Anstrengung, um die unerwünschte Dekohärenz zu vermeiden. Ein Quantencomputer kann seine spezifischen Fähigkeiten nur dann entfalten, wenn zumindest gewisse Freiheitsgrade kohärent bleiben. Andererseits lassen sich Systemeigenschaften nur unter zumindest teilweisem Verlust an Kohärenz registrieren.

Das vorliegende Buch gibt eine Einführung in die Theorie der kohärenten Quantendynamik unter Einfluss von Rauschen. Sieben Beiträge beleuchten unterschiedliche Aspekte: G.-L. Ingold studiert ein kleines System linear gekoppelt an ein freies Bose-Feld und nützt dabei eine Variante der Feynman-Vernon Pfadintegration. B.-G. Englert und G. Morigi entwickeln die Beschreibung von offenen Quantensystemen auf der Ebene der Quanten-Mastergleichung. Zentrales Objekt ist dabei der Lindblad-Generator, der Hamiltonische und dissipative Elemente in einem gemeinsamen theoretischen Rahmen vereint. K. Wiesenfeld, T. Wellens und A. Buchleitner diskutieren das auf den ersten Blick überraschende Phänomen der stochastischen Resonanz, das besagt, dass Kohärenz sich durch Hinzunahme von Rauschen über einen gewissen Parameterbereich verbessern kann. ­

B. Kümmerer gibt eine sehr ausführliche, eher mathematisch gehaltene Einführung in die Theorie der quantenstochastischen Prozesse. Klassisch ist einer Mastergleichung in einfacher Weise eindeutig ein stochastischer Prozess zugeordnet. Quantenmechanisch ist dies nicht so leicht, insbesondere da zentrale Größen der klassischen Stochastik, wie bedingte Erwartung, keine unmittelbare Entsprechung haben. Dazu gibt es in der Literatur eine breite Palette von Vorschlägen. Kümmerer betrachtet Prozesse diskret in der Zeit mit dem Bonus, dass sie durch den Mikromaser physikalisch realisiert sind. Ein Zeitschritt entspricht dabei der Passage eines angeregten Ru-Atoms durch den Hohlraum.

W. T. Strunz untersucht, aufbauend auf den vorherigen Beiträgen, quantitativ die Dekohärenz und erklärt inwieweit die theoretischen Vorhersagen sich experimentell überprüfen lassen. H. Aschauer und H. J. Briegel wenden diese Konzepte auf die Dekohärenz in der Quantenkommunikation an. Der Bogen schließt sich mit dem Beitrag von M. Keyl und R. F. Werner zu Korrekturen von kleinen Fehlern bei Quantencomputern.
Abgesehen von den beiden letzten Beiträgen ist deutlich erkennbar, dass die Autoren sich mit Erfolg bemühen, auf den Kenntnissen aus den Grundvorlesungen der Theoretischen Physik aufzubauen. Wissenschaftliche Monographien setzen da eine Stufe höher an. Das vorliegende Buch ist mit dem Grundwissen aus Quantenmechanik und der Statistischen Physik gut lesbar. Dabei bezahlt man allerdings den Preis, dass z. B. der gedämpfte harmonische Oszillator von Anfang bis Ende durchgenudelt wird. Für Physiker, die sich in die Methoden einarbeiten wollen, ist dies aber durchaus hilfreich. Eine Lektüre dieser Aufsätze zu einem sehr aktuellen Forschungsgebiet ist sicherlich zu empfehlen.
Prof. Dr. Herbert Spohn, Zentrum für Mathematik, TU München

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen