18.09.2003

Die Bohr-Einstein-Debatte. Quantenmechanik und physikalische Wirklichkeit

Held

Die Bohr-Einstein-Debatte. Quantenmechanik und physikalische Wirklichkeit

Von C. Held.
Ferdinand Schöningh, Paderborn 1998. 292 S., Paperback,
ISBN 3-506-73823-2

Das Wirkliche ist uns nicht gegeben, sondern aufgegeben (nach Art eines Rätsels).

Diesen Ausspruch Einsteins hat der Autor als treffendes Leitmotiv für sein Buch gewählt. Geht es doch in der berühmten Bohr-Einstein-Debatte (1927 - 1935), die sicherlich eine der wichtigsten und faszinierendsten in der Geschichte der Wissenschaft war, tatsächlich um die zentrale Frage: Was ist die Wirklichkeit?

Einstein, der Realist, bedacht darauf, daß jedes Element der physikalischen Realität ein Gegenstück in der physikalischen Theorie haben muß, betrachtete die Quantenmechanik bekanntermaßen als unvollständig. Bohr hingegen, Einsteins Realitätsbegriff kritisierend, vertrat die Meinung, daß die quantenmechanische Beschreibung der Wirklichkeit sehr wohl vollständig ist. Sein Schlüsselbegriff war dabei die Komplementarität, die die gegenseitige Ausschließung und gemeinsame Ergänzung der quantenmechanischen Beschreibungsarten (z.B. Welle-Teilchen) be inhaltet.

Die Debatte wäre nur von historischem oder wissenschaftstheoretischem Interesse, hätte nicht John S. Bell (1964) mit scharfem Intellekt die Quantentheorie aufs neue untersucht, und den bislang "philosophischen Diskurs" auf experimentelle Grundlagen gestellt. Diese Experimente, die verblüffende Eigenschaften der Quantenmechanik (wie Quanteninformation und Quantenteleportation) demonstrieren, sind es, die uns Physiker so faszinieren und die alte Bohr-Einstein-Debatte wieder hoch aktualisieren.

Der Autor beschreibt die Kontroverse zwischen Bohr und Einstein in all den Jahren mit großer Genauigkeit. Nach einer Einleitung beginnt er mit Bohrs frühen Interpretationen, mit dem Begriff der Komplementarität. Dann kommt Einstein mit seiner Kritik an der Quantenmechanik zu Wort ("Gott würfelt nicht!" - Diskurs auf den Solvay-Kongressen) mit der darauf folgenden Entgegnung von Bohr.

Ein eigenes Kapitel ist dem Gedanken austausch Einstein-Schrödinger gewidmet, und natürlich wird die berühmte Schrödinger-Katze ausführlich diskutiert. Mit großer Sorgfalt werden auch Bohrs spätere Deutungen der Quantenmechanik behandelt, wie die Definiertheit und Bestimmtheit physikalischer Größen. Großen Raum nimmt selbstver ständlich die Diskussion des EPR-Paradoxons ein.

Die erhellenden Spin-Beispiele am Schluß des Buches für das Bell-Kochen-Specker-Theorem und die Bellschen Ungleichungen, welche die Kontextualität und Nichtlokalität der Quantenmechanik demonstrieren, runden das Buch schön ab.

Wodurch unterscheidet sich nun dieses Buch von anderen zu diesem Thema? Der Autor vermag die Bohr-Einstein-Kontroverse sehr präzise und verständlich nachzuvollziehen, man spürt die seriöse Recherche, und ihm gelingt es dabei, den erkenntnistheoretischen Gehalt freizulegen. Als sehr wertvoll erweisen sich die vielen eigens gekennzeichneten Exkurse, die in den Haupttext eingeschoben sind, um die historische oder physikalische Argumentation des Autors zu belegen. Dieses Buch kann allen, die sich für die Grundlagen der Quantenmechanik interessieren, aufs wärmste empfohlen werden.
Prof. Dr. Reinhold A. Bertlmann, Institut für Theoretische Physik, Universität Wien, Österreich

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