02.05.2011

Erich Hückel (1896-1980)

A. Karachalios: Erich Hückel (1896 − 1980), Springer, Heidelberg 2010, XVII + 200 S., geb., ISBN 9789048135592

Karachalios, A.

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Andreas Karachalios legt mit diesem Buch eher eine intellektuelle Biografie als eine Lebensbeschreibung Erich Hückels vor. Hückel ist einer der beiden Väter der Debye-Hückel-Theorie der Elektrolytlösungen und der Entwickler der „4N + 2“-Regel zur Feststellung, ob ein zyklisch durchkonjugiertes Molekül aromatisch ist. Karachalios widmet Hückels Herkunft und früher Ausbildung vergleichsweise wenig Raum und legt den Nachdruck auf Hückels enge Beziehung zu seinem Bruder Walter, dessen Studium der Chemie einen möglichen Einfluss auf Erichs bedeutende ­spätere Forschung hatte.

Die Darstellung beginnt erst richtig mit Hückels Eintreffen an der Universität Göttingen. Dort studierte er vom Frühjahr 1914 an Physik und promovierte schließlich, trotz gelegentlicher Unterbrechungen aufgrund des Krieges, im Jahre 1921 bei Peter Debye in Experimentalphysik. Im Anschluss zog er für fast zehn Jahre durch einige der wichtigsten europäischen Forschungszentren für Physik und physikalische Chemie, als an ebendiesen Orten die neue Quanten­mechanik entstand.

Karachalios beschreibt die Zeit, die Hückel als Assistent bei David Hilbert und Max Born in Göttingen verbrachte, seinen Umzug nach Zürich, um erneut bei Debye zu arbeiten, sowie seine kürzeren Aufenthalte in London, Kopenhagen und Leipzig. Hierbei konzentriert sich Karachalios auf den Inhalt der Forschung, wobei er die spezifischen intellektuellen Gegebenheiten an jedem einzelnen Ort und deren Einfluss auf die Arbeit Hückels hervorhebt. Das Herzstück des Buches bildet die detaillierte Geschichte der Entwicklung der Theorien Hückels zur Doppel­bindung und zur Aromatizität, welche er 1929 in seiner Zeit als Stipendiat in Kopenhagen begann und 1937 abschloss, als er seine Dozentur an der TH Stuttgart aufgab, um einem Ruf nach Marburg zu folgen. Dies war die Glanzzeit von Hückels Berufsleben, in der er neben der Entwicklung der genannten Theorien auch eine heftige Debatte mit Linus Pauling über die Anwendung der Quantenmechanik auf die Molekülstruktur führte.

Außer einem kurzen Exkurs zu Hückels Verhalten in der NS-Zeit schildert Karachalios auch hier Hückels privates Umfeld nur kursorisch, was allerdings dem spärlichen Archivbestand geschuldet sein dürfte und den Stellenwert des Buches nicht schmälert. Schwerer wiegt der Mangel an einer eingehenden Beschäftigung mit dem verwickelten Verhältnis zwischen Physik und Chemie in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland. Dies mindert die Bedeutung des Buches für die Geschichte der Physik und Chemie ein wenig. Karachalios sieht in diesem Spannungsfeld den Grund für den begrenzten beruflichen Erfolg Hückels. Leider diskutiert er nicht die Umstände der Verleihung des Nobelpreises für Chemie an Peter Debye, ein mögliches Gegenargument zu dieser Hypothese. Das selbstgesteckte Ziel, „to draw a more complete picture of Erick Hückel’s important research efforts, in order to better assess his path-breaking papers on quantum chemistry“ hat Karachalios jedoch eindrucksvoll erreicht.

Dr. Jeremiah James, Fritz-Haber-Institut und Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin

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