24.06.2003

Frauen forschen anders - Wie weiblich ist die Wissenschaft?

Schiebinger, L.

Frauen forschen anders - Wie weiblich ist die Wissenschaft?
Von L. Schiebinger. C. H. Beck, München 2000. 325 S., Broschiert, E 19,90. ISBN 3-406-46699-0 (bestellen)


Forschen Frauen anders? Dieser Frage geht die Wissenschaftshistorikerin Londa Schiebinger mit einem kulturalistischen Ansatz nach. Der Originaltitel "Has Feminism Changed Science?" umreißt zwei disparate Problemkomplexe. Zum einen: Was haben mehrere Jahrzehnte Frauenbewegung, "gender studies" und Frauenförderung für die Präsenz von Frauen in den exakten Wissenschaften bewirkt? Zum anderen: Wirkt sich die Tätigkeit von Naturwissenschaftlerinnen auf die Wissensinhalte aus? Die Verfasserin verknüpft beide Themen durch die Leitfrage: Unter welchen kulturellen Bedingungen wurden die Frauen aus der Mathematik, Physik, Chemie und Biologie ausgeschlossen, wie finden sie Eingang in sie und wie beeinflusst dies die betreffenden Wissenschaftskulturen?


Gezeigt wird, wie die Professionalisierung der Naturwissenschaften im 18. bis 19. Jahrhundert zum Konflikt zwischen Familien leben und Wissenschaftsbetrieb führte. Die in dividuellen Schwierigkeiten von Naturwissenschaftlerinnen, Beruf und Familie zu vereinbaren, sind hier in einen instruktiven kulturgeschichtlichen Kontext gestellt. Die Untersuchung erschließt viel historisches Material zur Lage der Naturwissenschaftlerinnen in den USA und bezieht internationale Vergleiche ein. Allerdings werden dabei auch Klischees wie die Leibfeindlichkeit der Wissenschaftlerexistenz bemüht. Anschließend wird untersucht, ob Wissenschaftlerinnen neue Forschungsgegenstände in das Blickfeld ihrer Disziplinen rücken. Für die Medizin, die Primatenforschung und die biologische Anthropologie kann die Verfasserin belegen, dass etliche Naturwissenschaftlerinnen zwar nicht anders, aber doch anderes erforschen als ihre männlichen Kollegen, nämlich die weiblichen Individuen unserer eigenen Spezies und unserer nächsten Verwandten. In anderen Disziplinen sind die Ergebnisse mager.


Das Kapitel zur Physik ist vollends ärgerlich. Hier wird vieles ineinander gerührt, wenig verstanden und nichts erklärt. Z.B. wird die Quantenphysik für weniger "hart" befunden als die klassische Physik und auf eine Stufe etwa mit der Literaturwissenschaft gestellt. Bei der zentralen Frage, warum Frauen bis heute in den mathematischen Wissenschaften unterrepräsentiert sind, hilft der Ansatz der Verfasserin jedenfalls nicht weiter. Er müsste durch lernpsychologische und kognitionstheoretische Untersuchungen ergänzt werden, aber deren Existenz wird nicht erwähnt. Insgesamt verbindet das Buch kulturgeschichtliche Ausführungen, die lehrreich für die aktuelle Situation des weiblichen Nachwuchses in den Naturwissenschaften sind, mit dem missglückten Versuch, Forschungsgegenstände der unterschiedlichsten Disziplinen über denselben Leisten der Gender-Bedingtheit zu scheren.
Prof. Dr. Dr. Brigitte Falkenburg, Institut für Philosophie, Universität Dortmund

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