27.06.2005

J. Robert Oppenheimer and the American Century

David C. Cassidy: J. Robert Oppenheimer and the American Century, PI Press, New York 2005, 462 S., 23 Abb., Geb., ISBN: 0131479962

Cassidy

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David Cassidy, dessen Heisenberg-Biografie noch in guter Erinnerung ist, wendet sich erneut einer der großen Physiker-Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zu, dem "Vater" der amerikanischen Atombombe J. Robert Oppenheimer. Was die Person Oppenheimer betrifft, so enthält diese Biografie - abgesehen von manchen Einzelheiten - wenig Neues oder Überraschendes. Auch ist Cassidys Ansatz, die Person im Kontext des soziokulturellen und politischen Umfeldes zu betrachten, so neu nicht, wie der Autor eingangs betont. Dennoch gelingen dem Autor, indem er diesen Ansatz einigermaßen konsequent durchzieht, bemerkenswerte Einsichten in die Entwicklung der amerikanischen Physik und Wissenschaftspolitik im 20. Jahrhundert, wobei die Person Oppenheimer allerdings streckenweise etwas in den Hintergrund tritt.

Die zwei Leitlinien, auf die sich Cassidy hauptsächlich bezieht - und in die sich auch Oppenheimer letztlich einfügte -, sind das Konzept des "scientific militarism" sowie die vom Life-Herausgeber H. Luce 1941 für das 20. Jahrhundert geprägte Vorstellung vom "American Century". Des Weiteren versucht Cassidy deutlich zu machen, dass Oppenheimer stärker von seinen jüdischen Wurzeln sowie der "Ethischen Bewegung", durch deren Schule er ging, geprägt war, als er selbst später wahrhaben wollte.

Cassidy sieht Oppenheimer als führenden amerikanischen theoretischen Physiker sowohl in den 1930er- als auch Ende der 1940er-Jahre, allerdings weniger bezüglich seiner eigenen Beiträge zur Physik als wegen seiner intellektuellen Beherrschung des Feldes (S. 268). Verglichen mit seinem "Gegenspieler" Heisenberg habe Oppenheimer weniger mit fundamentalen Ideen zur Entwicklung der Quantenmechanik geglänzt, denn mit der Erklärung rätselhafter "Nebenerscheinungen" der Kern- und Teilchenphysik (S. 172); während Heisenbergs 1927er-Aufsatz in der Zeitschrift für Physik ihm den Nobelpreis brachte, war Oppenheimers dort unmittelbar anschließender "nur" die Ausarbeitung eines Spezialproblems (S. 110).

Für die Zeit der Atombombenentwicklung steht für Cassidy weniger die Frage im Vordergrund, wie die Bombe gebaut wurde, sondern wie die beteiligten Wissenschaftler sich den Anforderungen des militärisch-industriellen Komplexes unterordneten und wie sie nach "Trinity" die Kontrolle über die weitere Entwicklung der Nuklearwaffen verloren.

Oppenheimers Biografie, sein komplexer wie komplizierter Charakter, dient Cassidy als geeignetes Vehikel zur durchaus kritischen Darstellung der Konflikte der amerikanischen Gesellschaft und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Das flüssig geschriebene, in seinen Quellen gut belegte Werk sollte damit zweifellos breiteres Interesse beanspruchen dürfen.

Dr. Horst Kant
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin


 

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