19.02.2004

Mapping the spectrum

Hentschel

Mapping the spectrum
K. Hentschel: Mapping the spectrum. Techniques of visual representation in research and teaching
Oxford University Press, Oxford 2002. 576 S., ISBN 0-198-50953-7

 

In den letzten Jahren hat sich die Wissenschaftsgeschichte nicht mehr nur auf die klassische Textanalyse wissenschaftlicher Publikationen beschränkt, sondern sich auch verstärkt den nichtverbalen Repräsentationsformen in den Wissenschaften zugewandt. Dabei sind insbesondere die visuellen Repräsentationen wissenschaftlicher Arbeit mehr und mehr in den Vordergrund gerückt.

Das vorliegende Buch ist beispielhaft für diese neue historiografische Orientierung und untersucht die Praxis der visuellen Darstellungen in der Spektroskopie. Hentschel geht es um einen "systematischen" Überblick und eine historische Aufarbeitung der Repräsentationen in der Spektroskopie von ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er sieht die spektroskopischen Arbeiten als symptomatisch für eine mehr visuell orientierte wissenschaftliche Kultur im 19. Jahrhundert, wie man sie vielleicht auch in so verschiedenen Feldern wie der Mathematik oder der Archäologie finden könnte. Hentschel beschränkt sich jedoch auf die internen Entwicklungen im Feld der Spektroskopie und eine detaillierte Untersuchung der materiellen Produktion der Abbildungen von Spektren. Es geht ihm um die alltäglichen Routinearbeiten der Spektroskopiker in Forschung und Lehre und die Schwierigkeiten der Identifikation, Darstellung und Vermittlung der dabei beobachteten spektroskopischen Phänomene. Diese zeigen sich z. B. sehr schön in seiner Aufarbeitung der weitgehend vergessenen und nur äußerst schwierig zu erschließenden Geschichte der drucktechnischen und fotografischen Produktion von Spektren. Aber darüberhinaus versteht der Autor es, die vielfältigen Diskussionen und Traditionen über eine adäquate Repräsentation und Interpretation von spektroskopischen Phänomenen aufleben zu lassen, indem er Spektren von verschiedenen Wissenschaftlern miteinander kontrastiert oder die Strategien analysiert, mit denen Spektroskopiker, wie etwa Balmer oder Rydberg, Regelmäßigkeiten aus den vorhandenen Spektren zu ziehen suchten.

Die Arbeit, die in dieses Buch eingegangen ist, ist erstaunlich, und der Autor hat es verstanden, die vielfältigsten Quellen ausfindig zu machen und mit Präzision auszuwerten. Mit seinen minuziös detaillierten Studien und seinen vielfältigen theoretischen Schlussfolgerungen stellt Mapping the Spec­trum hohe Ansprüche an den Leser. Das Buch setzt Maßstäbe und wird für zukünftige wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten zur Spektroskopie und zur materiellen Kultur unentbehrlich sein. Und das Thema "Repräsentation" verpflichtet: das Buch ist optisch ansprechend und beinhaltet sowohl mehrere bestens reproduzierte Farbtafeln als auch mehr als 130 (!) schwarz-weiße, zum Teil bislang nicht reproduzierte Abbildungen.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Dörries, IRIST, Université Louis Pasteur, Strasbourg

Dieses Buch können Sie direkt bei amazon.de   

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen