Niels Bohr
Ernst Peter Fischer: Niels Bohr, Siedler, München 2012, 272 S., geb., 22,99 Euro, ISBN 9783886809967
Ernst Peter Fischer
Die beiden Neuerscheinungen zu Niels Bohr und seinem Atommodell, das vor 100 Jahren veröffentlicht wurde, könnten unterschiedlicher kaum sein. Der „Hausmann und Hochschullehrer“, so Ernst Peter Fischer über sich selbst, arbeitet sich seit langem an besonders populär geschriebenen Wissenschaftlerbiographien ab, wie der Jubiläumskalender sie anbietet, während der führende Physikhistoriker Dänemarks seit Jahrzehnten demonstriert, wie Naturwissenschaftsgeschichte auf hohem technischen Niveau aussehen kann.
Um noch das Jubiläum des 50. Todestags Bohrs mitzunehmen, erschien Fischers Buch schon 2012, was dieser auch damit begründet, dass er Bohrs „entscheidenden Schritt“ zum Verständnis der Atome hier datiert. Leider übersieht er im Folgenden aber, wie recht er im Grunde hat, wenn er Bohr nur als Retter von Rutherfords erfolglosem Atom stilisiert, statt darzustellen, welche Rolle Bohrs erstes, noch unzureichendes Atommodell von 1912 spielte und wie erst der Hinweis auf die Spektren ihn zu seinen Quantensprüngen führte, die Rutherford freilich nicht goutierte. Fischer entfaltet so eine begradigte Geschichte, die von Bonmot zu Bonmot springt – nur mit den komplexen Zusammenhängen von wissenschaftlicher Arbeit hat sie wenig gemein und betreibt leider vielfach akademisches Recycling, so ist sein Kapitel 7 fast unverändert seinem Bohr-Buch von 1987 entnommen, das zum 25. Todestag erschienen war. ...
Dr. Arne Schirrmacher, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften