27.12.2004

Nonlinear Physics of DNA

Yakushevich

Nonlinear Physics of DNA

Das Hauptthema dieses in der zweiten Auflage erschienenen Buches ist die Anwendung von nichtlinearen Konzepten auf das statische und dynamische Verhalten von einzelnen DNA-Molekülen. Kernthema sind die nichtlineare Sine-Gordon-Gleichung und kompliziertere, abgeleitete Modelle. Zur Erinnerung: Die Sine-Gordon-Gleichung beschreibt eine Kette von harmonisch gekoppelten Pendeln in einem Gravitationsfeld. Das Gravitationsfeld stellt die Nichtlinearität dar und führt zu "Soliton-Lösungen" der ungedämpften Bewegungsgleichung.

Hierbei wären wir beim Hauptproblem des Buches: DNA befindet sich im biologischen Milieu und auch bei den meisten Experimenten immer im wässerigen Lösungsmittel, was zu einer Dämpfung durch Reibung führt und damit einen Großteil der nichtlinearen Effekte zum Verschwinden bringt. Diese Reibungseffekte und, darüber hinausgehend, hydrodynamische Effekte, werden in diesem Buch sehr stiefmütterlich behandelt. In dem von der Autorin erfundenen Modell, dem sogenannten "Y-Modell", werden zwei harmonisch gekoppelte Ketten von Pendeln betrachtet, die die beiden Doppelstränge der DNA darstellen sollen. Für dieses Modell werden im Detail die verschiedenen Anregungsmoden berechnet. Auf Effekte im Zusammenhang mit der biologisch essenziellen Basensequenz wird am Rande eingegangen. Ein Vergleich mit Ergebnissen der Resonanten Mikrowellenadsorption und Neutronenstreuung wird am Ende angestellt, aber der Vergleich führt, wie die Autorin selber ausführt, zu kontroversen Ergebnissen. Auch die Anwendung auf die experimentell wichtige Denaturierung der DNA (das heißt die Ablösung der beiden DNA-Stränge voneinander) gelingt nicht befriedigend, da zur korrekten Beschreibung dieses Phasenüberganges die Konformationsentropie der Einzelstränge berücksichtigt werden muss. Insbesondere über den Denaturierungsübergang gab es in den letzten Jahren eine spannende Kontroverse zur Frage, ob dieser Phasenübergang kontinuierlich oder diskontinuierlich abläuft; es ist schade, dass dieser sich rasant entwickelnde Fragenkomplex in dem Buch nicht berücksichtigt wurde. Ein direkter Test der in dem Buch entwickelten mechanischen Modelle sollte eigentlich mit Einzelmolekül­experimenten möglich sein, bei denen zum Beispiel die Kraft-Ausdehnungs-Kurven von einzelnen DNA-Molekülen bestimmt werden. Auch dieser Themenkreis wurde komplett ausgeklammert.

Was bleibt ist ein Buch, in dem mathematisch präzise und in gut nachvollziehbarer Weise eine ganze Reihe von nichtlinearen Modellen für die dynamische Beschreibung von DNA-Molekülen durchgerechnet werden. Für den Kenner der Physik der Nichtlinearen Systeme finden sich hier bestimmt schöne Anwendungen aus dem Bereich der Biologie, für das Gros der Physiker der biologischen und weichen Materie ist das Buch aber sicher kein Muss.

Prof. Dr. Roland Netz, Physik Department, Technische Universität München

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