Nuclear Physics in a Nutshell
Bertulani, C. A.
Gar nicht erwähnt ist die 1984 erstmals nachgewiesene Scherenmode in deformierten Atomkernen, bei der Neutro-nen und Protonen gegeneinander vibrieren, obwohl diese zu den herausragendsten Eigenschaften des Kernmagne-tismus gehört. Die entsprechenden Arbeiten zu beiden Phänomenen sind die meistzitierten in der Kernstrukturphysik in den letzten zwei Dekaden.
Einzuwenden ist auch, dass Riesenresonanzen nur mithilfe von hydrodynamischen Bildern erläutert werden. Mikro-skopische Erklärungen im Rahmen des Kernschalenmodells bzw. kollektiver Kernmodelle, die im Text sowieso abge-handelt werden, sind heute für ein grundlegendes Verständnis von Riesenresonanzen unerlässlich. Das gilt insbeson-dere auch für die magnetischen Riesenresonanzen. Sie mit einem hydrodynamisch inspirierten Bild zu identifizieren, ist unangebracht.
Schließlich wäre im Kapitel über Kernreaktionen die Einführung der Streumatrix in vielerlei Hinsicht von Vorteil gewe-sen. Auch das wichtige Phänomen der Ericson-Fluktuationen in Compoundkernreaktionen wird nicht behandelt. Uner-freulich ist zudem, dass zu den zahlreichen Abbildungen sehr oft die Quellenangabe fehlt. Man fragt sich auch, ob der Text sorgfältig Korrektur gelesen wurde. So ist z. B. der Name des Nobelpreisträgers Gerhard Herzberg falsch ge-schrieben.
Worin unterscheidet sich dieses Lehrbuch nun von den zahlreichen anderen? Das ist kurz gesagt: Durch die klare, anspruchsvolle moderne Darstellung der Nukleon-Nukleon-Wechselwirkung bis hin zu deren feldtheoretischer Be-handlung in Kapitel 3, die Bedeutung und Einbettung kernphysikalischer Prozesse in die Astrophysik im Kapitel 12, das sehr lesens- und vorlesenswert ist, und schließlich das letzte Kapitel, das sich mit der Erzeugung von exotischen, instabilen Atomkernen an Schwerionenbeschleunigern beschäftigt.
Prof. Dr. Achim Richter, Institut für Kernphysik, TU Darmstadt
C. A. Bertulani: Nuclear Physics in a Nutshell, Princeton University Press 2007, 488 S., geb., ISBN 9780691125053