Polymer Physics
Rubinstein, Colby
M. Rubinstein, R. H. Colby: Polymer Physics
Oxford University Press, Oxford 2003, 454 S
ISBN 0-19-852059-X
Während Polymerlösungen, Polymerschmelzen und feste makromolekulare Materialien früher ausschließlich eine Domäne der Chemiker waren, sind diese Systeme in den letzten Jahrzehnten zunehmend ein Gegenstand physikalischer Forschung geworden. Damit wurde es notwendig, die Physik von Polymeren auch in der Lehre zu behandeln. Rubinstein und Colby legen zu diesem Zweck ein neues Lehrbuch vor, das sich zum Ziel setzt, die fundamentalen Konzepte, die man braucht, um Polymerschmelzen, Lösungen und Gele voll zu verstehen, umfassend darzustellen.
Die Autoren sehen dieses Buch als Ersatz für das nunmehr 50 Jahre alte Lehrbuch von Paul Flory ('Principles of Polymer Chemistry'), wobei natürlich die von de Gennes eingeführten (und in dessen Lehrbuch 'Scaling Concepts in Polymer Physics¿ dargestellten) Prinzipien in die Darstellung integriert sind. Von den genannten Texten unterscheidet sich das vorliegende Buch einmal dadurch, dass durchgängig viele Beispiele experimenteller Verifizierung der Theorie gezeigt sind, zum anderen durch umfangreiche Sammlungen von 'problems', die von einfachen Rechenübungen bis zu Illustrationen weiterführender Themen reichen.
Allerdings wird die Brauchbarkeit dieses Materials zu Unterrichtszwecken dadurch etwas reduziert, dass die meisten Bilder nur im Kleinformat von etwa Sonderbriefmarkengröße im freien Rand auf der Seite neben dem Text untergebracht sind, was die Erkennbarkeit von Details einschränkt (z. B. Fig. 7.16, 8.19, 9.5, 9.22). Auch wäre eine wesentlich präzisere Dokumentation der Literatur angebracht, die 'Bibliografie' am Schluss der einzelnen Kapitel ist sehr summarisch und unspezifisch, Literaturhinweise im Text bzw. bei den weiterführenden 'problems' wären nützlich. Z. B. wird das Ginzburg-Kriterium immer wieder in verschiedenem Zusammenhang erwähnt, aber weder eine ausführliche Ableitung noch ein detaillierter Literaturhinweis gegeben. Das Buch verspricht 'Erklärungen im Detail', und dieses Versprechen wird bei einfachen Dingen (wie dem 'Vorrechnen' der Debye-Funktion für die Streuung an einer idealen Gaußkette, Gl. 2.159) auch gehalten, aber naturgemäß lässt sich das nicht durchgehend tun, sonst müsste der Umfang wesentlich größer als 440 Seiten sein. Es konnten auch nicht alle wichtigen Themen der Polymerphysik behandelt werden - Mesophasen von Block-Copolymeren sucht man ebenso vergebens wie den Glasübergang und die Polymerkristallisation.
Aber alle diese Einschränkungen können dem Wert dieses Buches keinen Abbruch tun. Da es im Gegensatz zu vielen anderen Büchern aufwändigen Formalismus vermeidet, ist es sicher sehr gut geeignet sowohl als Grundlage für einschlägige Vorlesungen als auch zum Selbststudium.
Kurt Binder
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