Quantentheorie
Münster
zu verlagern. Neben einer angestrebten Studienzeitverkürzung war dabei sicher bestimmend, die Studierenden schon in der Anfangsphase des Studiums mit moderner Physik vertraut zu machen. Leider findet dieses Vorgehen in der vorhandenen Lehrbüchern kaum Unterstützung: Zumeist sind diese für einen höheren Ausbildungsstand konzipiert und daher mathematisch zu anspruchsvoll oder mit Formalismus überladen. Auch lassen sie häufig die Verweise auf die Erfolge der modernen Quantenphysik
vermissen.
All diesen Schwächen und Mängeln wird sicher durch das vorliegende Buch von Gernot Münster abgeholfen. Der Verfasser leitet den Leser sehr direkt über die Materiewellenmechanik als „Rateweg“ zum Formalismus der Quantenmechanik. Er entwickelt in knapper und in Teilen eleganter Form die wesentlichen Elemente der Quantenmechanik, die in etwa das Basiswissen eines Physikstudenten bilden sollten. Als besondere Verdienste dieses Buches müssen herausgestellt werden, dass schon in diesen Elementen die relevanten Anwendungen wie etwa kohärente Zustände oder Neutrinooszillationen behandelt werden, ebenso einige konzeptionelle Probleme wie die Frage des Messprozesses, das Einstein-Rosen-Podolsky-Paradoxon oder die Bellsche Ungleichung.Nicht zuletzt dem Feynmanschen Pfadintegralformalismus wird
einiger Raum gegeben.
Gemessen an dem Anspruch, „Das Buch soll in etwa den Stoff enthalten, mit dem der Student im Studium konfrontiert wird“, erscheint der Umfang des Buches jedoch allzu begrenzt. Ein modernes Buch über Quantentheorie sollte auf jeden Fall die Dirac-Gleichung einschließlich einer nichtrelativistischen Näherung einschließen, aus der sich die Feinstrukturterme des Wasserstoff-Hamilton-Operators folgerichtig ergeben, die Quantisierung des elektromagnetischen Feldes sollte eingeführt werden und nicht zuletzt muss der Formalismus der zweiten Quantisierung genannt werden. All diese Themenbereiche lassen sich behandeln, ohne den mathematischen oder konzeptionellen Rahmen des Buches zu sprengen.
Einen Modernitätsschub könnte das Buch dadurch erfahren, dass der statistische Formalismus der Quantenmechanik etwas ausführlicher behandelt und strenger angewendet würde. Dann ließen sich konzeptionell so unklare Elemente wie die „Übergangswahrscheinlichkeiten“ oder der „Wahrscheinlichkeitsstromvektor“ vermeiden.
Prof. Dr. Olaf Melsheimer, FB Physik, Universität Marburg