15.02.2013

Seelen­verwandte – Der Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Heinrich Zangger (1910–1947)

R. Schulmann (Hrsg.): Seelenverwandte – Der Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Heinrich Zangger (1910–1947), NZZ Libro, Zürich 2012, 636 S., geb., 47,00 €, ISBN 9783038237846

R. Schulmann (Hrsg.)

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Heinrich Zangger, Schweizer Arzt, Direktor des Instituts für Gerichtsmedizin der Universität Zürich von 1912 bis 1941, war wohl Albert Einsteins engster lebenslanger Vertrauter. Kennengelernt haben sie sich über Einsteins Arbeiten zu Mole­küldimension und Viskosität von Suspensionen sowie über Zanggers Interesse an der Relativitätstheorie. Als Gegner jeder Obrigkeit und in der Verabscheuung des Ersten Weltkriegs, als Verbündete für Menschlichkeit und Gerechtigkeit bildete sich zwischen ihnen eine tiefe, alle Differenzen überdauernde Beziehung. Vor diesem Hintergrund verwendet Robert Schulmann den Begriff Seelenverwandte im Titel des von ihm herausgegebenen Briefwechsels.

Die Beziehung zwischen beiden Männern ist allerdings recht einseitig: Zangger unterstützte Einstein, wo immer er konnte, Einstein war meist der zu Dank Verpflichtete. Ob es um die Rückberufung Einsteins von Prag an die ETH Zürich ging, um emotionale oder finanzielle Probleme seiner ersten Familie, d. h. Milevas und ihrer Söhne Hans Albert und Eduard, um Nahrungsmittel für den erkrankten Einstein in einem hungernden Berlin, um Ansuchen (oft medizinischer Art) von Einstein für Verwandte und Bekannte, immer war Zangger zur Stelle. Er versuchte, zwischen dem seine Söhne zugleich liebenden und dennoch oft vernachlässigenden, zuweilen herrischen Einstein und der Familie zu vermitteln. Immer wieder geht es um finanzielle Notwendigkeiten, später besonders um Einsteins Bemühungen, Mileva und seinen nervenkranken Sohn Eduard lebenslang versorgt zu wissen.

Robert Schulmann, langjähriger früherer Herausgeber der „Gesammelten Werke Einsteins“, legt eine Edition vor, die sich etwa vom Pauli-Briefwechsel dadurch unterscheidet, dass sie strengere philologische Kriterien erfüllt. So sind neben Art und Aufmachung des Briefstücks auch die Seite im transkribierten Text (mit recto und verso) angegeben sowie alle Änderungen in den Dokumenten wie Durch- oder Unterstreichungen. Letztere Besonderheiten der Briefe werden über Fußnoten im Text eingefügt. Für den Physiker als Einstein-Afficionado ist das eher nebensächlich. Weiter fällt die jedem Brief vorangehende Paraphrasierung durch den Herausgeber auf. Darin sind zusätzliche Informationen, ebenfalls als Fußnoten, enthalten. Als Hilfe für den Leser gedacht, können sie jedoch das Gefühl der Bevormundung hervorrufen, wenn die Interpretation des Lesers von der der Paraphrasierung abweicht.

Ganz neue Erkenntnisse zu Einsteins Persönlichkeit und Verhalten treten nicht zutage, jedoch schärfen sich die Konturen durch Details, welche die bisherigen Einstein-Biografien nicht enthalten. Insofern ist der Briefwechsel eine sehr willkommene Ergänzung zum Wissen über Albert Einstein.

Prof. Dr. Hubert Goenner, Universität Göttingen

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