23.05.2017

2D-Material als Einzelphotonenquelle

Mechanische Verspannungen in zweidimensionalem Halbleiter dienen als Quellen für einzelne Photonen.

Übergangsmetall-Dichalkogenide sind, trotz ihres etwas sperrigen Namens, drauf und dran, dem „Wunder­material“ Graphen den Rang abzulaufen. Bestehend aus einem Metall wie Molybdän oder Wolfram und einem der drei Elemente Schwefel, Selen oder Tellur bilden sie ebenfalls mechanisch und chemisch stabile, zwei­dimensionale Strukturen. Darüber hinaus haben sie aber einen entscheidenden Vorteil: Sie sind Halbleiter. Das macht sie interessant für eine Vielzahl möglicher Anwendungen von Transistoren bis Leucht­dioden. Forschern der Universitäten von Cambridge und Harvard ist es im Rahmen des Graphene Flagship Projekts der Europäischen Union nun gelungen, gezielt Einzel­photonen­quellen auf einem solchen Material zu erzeugen.

Abb.: SEM-Aufnahmen (a) des Substrats mit den Nanosäulen, schematische Darstellung der Herstellung (b), AFM-Scan einer mit WSe2 bedeckten Nanosäule ©, Mikroskopaufnahme der Lumineszenzstrahlung von Wse2 auf einem Substrat aus regelmäßig angeordneten Nanosäulen (d; Bild: C. Palacios-Berraquero et al; NPG)

In den letzten Monaten hat Molybdändisulfid, der wohl prominenteste Vertreter der neuen Materialklasse, gleich zweimal für Schlagzeilen gesorgt: Unabhängig voneinander haben verschiedene Forscher­gruppen das weitläufig als Schmiermittel (MoS2) bekannte Material benutzt, um neue Wege in der Miniaturisierung von Computer­prozessoren aufzuzeigen. An der Universität von Kalifornien in Berkeley ist es gelungen, den mit einer Gatelänge von nur einem Nanometer kleinsten Transistor der Welt zu bauen, während an der Technischen Universität Wien der bisher komplexeste zwei­dimensionale Prozessor vorgestellt wurde.

In ihrer aktuellen Studie ging es den Forschern um Mete Atatüre nun darum, das Potenzial von Übergangs­metall-Dichalkogeniden als Einzel­photonen­quelle auszuloten. Die Gruppe hat bereits letztes Jahr eine Leuchtdiode auf Basis von Wolfram­diselenid (WSe2) vorgestellt, die über rein elektrische Anregung auch einzelne Photonen generierte. Dazu schufen die Forscher eine drei­schichtige Struktur aus Graphen, Bornitrid und WSe2 und regten diese elektronisch an. Der Strom gelangte über Goldkontakte in die Graphen­schicht und tunnelte von dort durch das Bornitrid in das Halbleiter­material, wo die Elektronen mit Löchern rekombinierten und Photonen aussendeten.

Bei hohen Strömen erfolgte diese Rekombination auf der gesamten Fläche und brachte diese gleichmäßig zum Leuchten. Bei niedrigen Strömen von etwa einem Mikro­ampere war die Emission dagegen auf stark lokalisierte Quanten­emitter konzentriert. Das Zustande­kommen eben dieser Quanten­emitter konnte damals allerdings nicht zufrieden­stellend geklärt werden. Man vermutete, dass Exzitonen an Störstellen gebunden werden – ihr seltenes und zufälliges Auftreten erschwerte aber genauere Untersuchungen.

Um der Frage nun näher auf den Grund zu gehen, verabschiedeten sich Atatüre und seine Kollegen vom drei­schichtigen Aufbau und der elektronischen Anregung und untersuchten verschiedene Übergangs­metall-Dichalkogenide mit Hilfe von Foto­lumineszenz. Dazu schufen sie zunächst eine speziell strukturierte Unterlage für das zwei­dimensionale Material: eine regelmäßige Anordnung aus Nanosäulen mit Durchmessern von 150 Nanometern auf einem Silizium­wafer. Darauf legten sie eine Decke aus WSe2, sodass jede Säule wie eine Art Zeltstange wirkte und das Material ausbeulte. Die Vermutung, dass derartige mechanische Verspannungen für die Bildung der Quanten­emitter verantwortlich waren, sollte sich als richtig herausstellen.

„Früher waren wir bei der Untersuchung der Emitter auf unser Glück angewiesen“, sagt Atatüre. „Jetzt können wir auf systematische Art und Weise forschen.“ Wie Bilder eines optischen Mikroskops zeigen, ist jede der „Zeltspitzen“ eine Quelle von Lumineszenzstrahlung und Photonen­korrelations­messungen bestätigen die Erzeugung einzelner Photonen. Die Wellenlängen der Strahlungspeaks variieren leicht von Säule zu Säule und liegen im Fall von WSe2 in einem Bereich zwischen 730 und 820 Nanometern. Die Höhe der Säulen und das damit verbundene Ausmaß der mechanischen Deformierung haben starken Einfluss auf die Qualität der emittierten Strahlung. Niedrige Säulen mit einer Höhe von 60 Nanometern führen zu mehreren Strahlungs­peaks mit Bandbreiten von jeweils etwa einem Nanometer. Säulen mit einer Höhe von 190 Nanometern dagegen neigen eher dazu, einen einzelnen Peak mit einer Breite von weniger als einem Nanometer hervorzubringen. Auch was die zeitliche Stabilität der emittierten Frequenzen betrifft, erzielen höhere Säulen bessere Ergebnisse.

Um zu zeigen, dass die Erzeugung von Quantenemittern nicht auf ein spezielles Übergangsmetall-Dichalkogenid beschränkt ist, haben Atatüre und seine Kollegen die Experimente auch mit Wolframdisulfid durchgeführt und ähnliche Ergebnisse erzielt – mit Emissionen im Bereich von 610 bis 680 Nanometern. Und auch was das Substrat betrifft, ist man keineswegs an regelmäßige Strukturen aus Silizium gebunden. Selbst zufällig auf dem Substrat „verstreute“ Nano­diamanten der richtigen Größe führten zur Bildung der Quantenemitter.

Als nächsten Schritt wollen die Forscher den Einfluss der Geometrie der Nanosäulen auf die Quanten­emission noch näher untersuchen. Davon erhoffen sie sich die Möglichkeit, die Charakteristika der Emission durch die Struktur des Substrats noch genauer einstellen zu können.

Thomas Brandstetter

DE

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