03.02.2021

3D-Aufnahmen von Coronaviren

Heliumionen-Mikroskop offenbart Interaktionen zwischen Coronaviren und ihrer Wirtszelle.

Wissenschaftler der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld ist es erstmals gelungen, das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem Heliumionen-Mikroskop abzubilden. Im Gegensatz zur herkömm­licheren Elektronen­mikroskopie müssen die Proben bei der Heliumionen-Mikroskopie nicht mit einer dünnen Metallschicht überzogen werden. Dadurch lassen sich Inter­aktionen zwischen den Coronaviren und ihrer Wirtszelle besonders gut beobachten. Ihre Ergebnisse entstanden in Kooperation mit Forschern der Justus-Liebig-Universität Gießen und des Klinikums Bielefeld 

Abb.: Coronaviren (blau) beim Austritt aus einer Nierenzelle, aufgenommen mit...
Abb.: Coronaviren (blau) beim Austritt aus einer Nierenzelle, aufgenommen mit einem Heliumionen-Mikroskop. (Bild: N. Frese, U. Bielefeld)

„Die Studie zeigt, dass das Heliumionen-Mikroskop geeignet ist, um Coronaviren abzubilden – und zwar so genau, dass sich das Zusammenspiel von Viren und Wirtszelle beobachten lässt“, sagt die Physikerin Natalie Frese. Coronaviren sind winzig klein – im Durchmesser nur etwa 100 Nanometer. Mit dem Virus infizierte Zellen wurden bisher vor allem mit Rasterelektronen­mikroskopen untersucht. Diese haben jedoch einen Nachteil: Die Probe lädt sich während des Mikroskopievorgangs elektrostatisch auf. Weil die Ladungen bei nichtleitenden Proben, zum Beispiel Viren oder anderen biologischen Organismen, nicht abtrans­portiert werden, müssen die Proben mit einer elektrisch leitfähigen Beschichtung, etwa einer dünnen Goldschicht, überzogen werden. 

„Diese leitende Schicht verändert allerdings auch die Oberflächen­struktur der Probe. Die Heliumionen-Mikroskopie benötigt keine Beschichtung und erlaubt daher ein direktes Abtasten“, sagt Armin Gölzhäuser, der die Arbeitsgruppe „Physik supra­molekularer Systeme und Oberflächen“ leitet. Beim Helium­ionen-Mikroskop rastert ein Strahl aus Heliumionen die Oberfläche der Probe ab. Der Ionenstrahl lädt die Probe ebenfalls elektrostatisch auf, dies kann jedoch ausgeglichen werden, indem die Probe zusätzlich mit Elektronen bestrahlt wird. Zudem besitzt das Heliumionen-Mikroskop eine höhere Auflösung und eine größere Schärfen­tiefe.

In ihrer Studie haben die Wissenschaftler Zellen, die künstlich aus dem Nieren­gewebe einer Affenart gewonnen werden, mit SARS-CoV-2 infiziert und im toten Zustand mikroskopiert. „Unsere Aufnahmen ermöglichen einen direkten Blick auf die 3D-Oberfläche der Coronaviren und der Nierenzelle – mit einer Auflösung im Bereich weniger Nanometer“, sagt Frese. Dadurch konnten die Forscher Inter­aktionen zwischen den Viren und der Nierenzelle sichtbar machen. Ihre Studien­ergebnisse weisen etwa darauf hin, dass sich mit dem Heliumionen-Mikroskop beobachten lässt, ob einzelne Coronaviren nur auf der Zelle aufliegen oder an sie gebunden sind. Das ist wichtig, um Abwehr­strategien gegen das Virus zu verstehen: Eine infizierte Zelle kann die Viren, die sich in ihrem Inneren bereits vermehrt haben, beim Austritt an ihre Zellmembran binden und so verhindern, dass sie sich weiter ausbreiten.

„Die Heliumionen-Mikro­skopie eignet sich sehr gut, um die Abwehr­mechanismen der Zelle darzustellen, die sich an der Zellmembran abspielen“, sagt auch der Virologe Friedemann Weber. Er forscht an der Justus-Liebig-Universität Gießen zu SARS-CoV-2 und hat für die Studie mit den Bielefelder Forschern zusammen­gearbeitet. Holger Sudhoff, Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohren­heilkunde, Kopf- und Halschirurgie am Klinikum Bielefeld, ergänzt: „Das Verfahren ist eine wesentliche Verbesserung, um das SARS-CoV-2-Virus in Wechsel­wirkung mit der infizierten Zelle abzubilden. Die Heliumionen-Mikroskopie kann dabei helfen, das Infektions­geschehen bei Covid-19-Erkrankten besser zu verstehen.“ Die Heliumionen-Mikroskopie ist eine vergleichs­weise neue Technologie. Im Jahr 2010 hat die Universität Bielefeld als erste deutsche Universität ein Heliumionen-Mikroskop angeschafft, das vor allem in der Nano­technologie eingesetzt wird. Zur Untersuchung biologischer Proben wird die Heliumionen-Techno­logie weltweit noch selten eingesetzt. „Unsere Studie zeigt, dass es hier ein großes Potenzial gibt“, sagt Gölzhäuser. 

U. Bielefeld / JOL

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