02.10.2012

3D-Bilder von einzelnen Molekülen

Mit Laserpulsen ausgerichtet und mit Elektronen abgelichtet.

Die räumliche Struktur von Molekülen lässt sich mit verschiedenen Verfahren ermitteln. Bilden die Moleküle Kristalle, so nutzt man die Röntgenbeugung. Lösen sie sich in Flüssigkeiten, so setzt man die Kernspinresonanzspektroskopie ein. Schwieriger ist es, die Struktur isolierter Moleküle im feldfreien Raum zu bestimmen. Da sie sich unterschiedlich ausrichten können, ergibt die Strukturanalyse nur eine Mittelung über viele Orientierungen. Jetzt haben Forscher an der University of Nebraska-Lincoln ein Verfahren entwickelt, das dieses Problem löst.

Abb.: Die in einem Strahl herabfallenden Moleküle werden von einem Laserstrahl (rot) ausgerichtet und dann von einem Elektronenstrahl (grün) getroffen. Die Elektronen erzeugen ein Beugungsbild, das Aufschluss über die Molekülstruktur gibt. (Bild: C. J. Hensley et al., PRL)

Martin Centurion und seine Kollegen haben die Struktur von CF3I-Molekülen bestimmt, die aus einer Düse mit hoher Geschwindigkeit strahlförmig ausströmten. Die Symmetrieachse der einzelnen Moleküle, die durch die C-I-Bindung festgelegt war, konnte beliebig im Raum orientiert sein. Für die Strukturanalyse mussten die Moleküle zunächst einheitlich ausgerichtet werden. Dazu bestrahlten die Forscher die Moleküle mit Lichtpulsen eines Titan-Saphir-Lasers, die eine Dauer von 300 fs hatten. Die linear polarisierten Pulse versetzten die Moleküle in Rotation und richteten ihre Symmetrieachsen entlang der Polarisationsrichtung des Lichtes aus.

Immer wenn ein Lichtpuls abgeklungen war, befanden sich die ausgerichteten Moleküle im feldfreien Raum, sodass keine Kraft auf sie wirkte und ihre räumliche Struktur nicht deformiert wurde. Diese Struktur wurde nun ermittelt. Dazu hatten die Forscher einen Teil des Laserpulses abgezweigt und nach Frequenzverdreifachung auf eine Photokathode fokussiert, wo er etwa 2000 Elektronen freisetzte. Die Elektronen wurden mit einer Spannung von 25 keV in einem Strahl beschleunigt und erreichten als 500 fs dauernder Puls die Moleküle. Für den Winkel zwischen dem Molekül- und dem Elektronenstrahl wählten die Forscher entweder 90 oder 60 Grad.

Die Elektronen flogen nach ihrem Zusammenprall mit den Molekülen zu einem Phosphorschirm, wo sie ein Leuchten hervorriefen. Daraus wurde mit einem Bildverstärker und einer CCD-Kamera ein Beugungsbild aufgenommen. Insgesamt fertigten die Forscher drei verschiedene Beugungsbilder ein: für orientierte Moleküle mit den Strahlwinkeln 90 und 60 Grad sowie für nichtorientierte Moleküle. Aus der in den Beugungsbildern enthaltenen Information ließ sich die Molekülstruktur jedoch nicht direkt ermitteln.

Stattdessen setzten Martin Centurion und seine Mitarbeiter einen genetischen Algorithmus ein, der mit einer bestimmten Molekülstruktur startete und an ihr zufällige Änderungen machte. Für die Ausgangsstruktur und die veränderte Struktur wurden dann jeweils drei Beugungsbilder berechnet und mit den experimentell aufgenommenen Beugungsbildern verglichen. Führten die Strukturänderungen zu besserer Übereinstimmung zwischen berechneten und gemessenen Beugungsbildern, so wurde die veränderte Molekülstruktur beibehalten und als Ausgangspunkt für den nächsten Optimierungsschritt genommen. Auf diese Weise konnten die Forscher drei Größen bestimmen, die die Molekülstruktur festlegten: die Abstände C-I und F-I sowie der I-C-F-Winkel. Alle drei Größen wichen weniger als 10 % von den bekannten Strukturgrößen des Moleküls ab.

Will man mit diesem Verfahren die räumliche Struktur von komplexeren Molekülen bestimmen, so muss man diese längs aller drei Raumachsen ausrichten, was entsprechend schwieriger ist. Andererseits eröffnet das Verfahren im Prinzip auch die Möglichkeit, in den Molekülen Strukturänderungen und chemische Umwandlungen zu verfolgen. Bis zum dreidimensionalen molekularen Movie mit atomarer Auflösung ist es aber wohl doch noch ein weiter Weg.

Rainer Scharf

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