15.07.2008

40 Jahre Chipgigant Intel

Die Physiker Bob Noyce und Gordon Moore gründeten am 18. Juli 1968 die Firma Intel, die heute als weltgrößter Computerchip-Hersteller den Markt beherrscht.

: Der Weg vom Start-up zum Weltkonzern

Hamburg/Santa Clara (dpa) - Der Personal Computer war noch nicht erfunden, aber in der Elektronik-Industrie herrschte vor rund 40 Jahren Aufbruchstimmung. Der Physiker Bob Noyce suchte damals zusammen mit seinem Kollegen Gordon Moore eine neue Herausforderung. Am 18. Juli 1968 gründeten Noyce und Moore die Firma Intel, die heute als weltgrößter Computerchip-Hersteller den Markt beherrscht.

Anders als bei vielen Legenden aus dem Silicon Valley war Intel kein Projekt tüftelnder Studenten in engen Garagen. Noyce war ein anerkannter Wissenschaftler mit reichlich Geschäftserfahrung. Ihm genügte ein Anruf bei seinem Freund Arthur Rock, um das notwendige Kapital aufzutreiben. Rock, ein Investment-Banker, erhielt daraufhin auf 15 Anfragen bei Kapitalgebern nur Zusagen.

Wie auch andere zu dieser Zeit arbeitete Intel daran, mehrere Transistoren auf einem Stück Halbleiter zu verbinden. Und das mit Erfolg: Zusammen mit Jack Kilby von Texas Instruments gilt Noyce als Erfinder des «integrierten Schaltkreises», der den Grundstein für den Mikroprozessor, das Herz jedes modernen PCs, bilden sollte. Den Physik-Nobelpreis sollte allerdings Kilby, nicht Noyce erhalten.

Rund drei Jahre vor der Intel-Gründung, am 19. April 1965, veröffentlichte der Chemiker und Physiker Moore einen spektakulären Fachartikel über die Chipproduktion, in dem er eine ständige Leistungssteigerung der Mikroprozessoren bei sinkenden Kosten vorhersagte. Die Beobachtungen gingen als «Mooresches Gesetz» in die Technikgeschichte ein und gelten bis heute für die gesamte Branche.

Als ersten Mitarbeiter stellten Moore und Noyce Andy Grove ein. Als ungarischer Jude hatte Grove den Holocaust der Nazis überlebt und war nach der gescheiterten Revolution 1956 in die USA emigriert. Er sollte Intel wie kein anderer seinen ganz persönlichen Stempel aufprägen. Legendär wurde sein Leitspruch «Nur die Paranoiden überleben».

Noch heute entspreche der Alltag bei Intel diesem Satz, schreibt Intel-Biograf Tim Jackson in seinem Buch «Inside Intel». «Verglichen mit Microsoft ist Intel geradezu zwanghaft geheimniskrämerisch. Insider witzeln, jedes Blatt Papier für den Kopierer trage grundsätzlich den Vermerk "Intel - vertraulich".» Doch Grove war es zu verdanken, dass sich Intel von einem Speicherchip-Produzenten zum weltgrößten Hersteller von Mikroprozessoren entwickelte. Er hatte bei Intel noch bis 2004 als Verwaltungsratsvorsitzender Einfluss auf das Tagesgeschäft.

Der Aufstieg von Intel zum Weltkonzern verlief allerdings nicht immer geradlinig. Intel hatte sich in den 70er Jahren auf die Produktion von Speicherchips spezialisiert. Doch japanische Firmen produzierten bessere Komponenten und brachten sie zu Dumpingpreisen auf den Markt. Im Jahr 1983 zog sich Intel aus dem Geschäft zurück, um sich auf die Herstellung von Mikroprozessoren zu fokussieren. Rückblickend erwies sich das Scheitern als großer Gewinn.

Der Mikroprozessor verdankte seine Entwicklung bei Intel dem Umstand, dass sich einige Mitarbeiter nicht so genau an den Kundenauftrag hielten. Die japanische Firma Busicom orderte von Intel einen Chip für den Bau einer Rechenmaschine und legten die Pläne für das Design bei. Zwei Intel-Ingenieure hatten allerdings die Idee für einen viel leistungsfähigeren Chip. Daraus entstand im Herbst 1971 Intels erster serienreifer Mikroprozessor 4004. Die Entscheidung der Intel-Führung, die Rechte an dem Design von Busicom für 60 000 Dollar zurückzukaufen, erwies sich später als Fundament für die Erfolgsgeschichte des Unternehmens.

Der erste große Durchbruch gelang Intel 1981, als sich der Computergigant IBM bei der Konstruktion des PCs für den Intel- Prozessor 8086 entschied. Um eine hohe Verfügbarkeit benötigter Komponenten sicherzustellen, drängte IBM damals seine Zulieferer, Kooperationen mit anderen Produzenten einzugehen. So kam der spätere Intel-Konkurrent AMD mit ins Spiel: In einem Vertrag mit zehn Jahren Laufzeit vereinbarten Intel und AMD einen Technologie-Austausch. Doch Grove und AMD-Gründer Jerry Sanders gerieten immer wieder aneinander. 1984 löste sich Intel weitgehend aus dem Vertrag. In den folgenden Jahren ging Intel dazu über, anders als in der Branche bislang üblich die Rechte an seinen Entwicklungen für sich zu behalten und Konkurrenten notfalls mit Klagen zu überziehen.

Ein «riesiger Wendepunkt», sagt Intel-Manager Pat Gelsinger, sei schließlich auch die Entwicklung des 80386er Chips in der 80er Jahren gewesen. Zu einer Zeit, in der in der PC-Welt noch Microsofts Betriebssystem MS-DOS allgegenwärtig war, habe Intel mit dem neuen Prozessor die grundlegende Architektur für die nächsten Dekaden gelegt. Während IBM noch mit dem Einsatz der neuen Technologie zögerte, ging ein anderer Computerhersteller voran: Compaq brachte damals seinen ersten «IBM-kompatiblen» PC mit Intels 80386er heraus. Das Geschäft mit den IBM-Clones war damit eröffnet und hat in den folgenden Jahrzehnten einen weltweiten und milliardenschweren Markt für Personal Computer eröffnet.

Stichwort: Das Mooresche Gesetz

Gordon Moore, einer der beiden Gründerväter des Chip-Konzerns Intel, hat vor mehr als dreißig Jahren den Grundsatz aufgestellt, nach dem sich bei sinkenden Herstellungskosten die Leistung eines Prozessors alle zwei Jahre verdoppelt. Dafür wird auf einem Chip jeweils die doppelte Anzahl an Transistoren verbaut. Bis heute gibt das Mooresche Gesetz nicht nur der Herstellung von Mikroprozessoren, sondern der gesamten Computer-Industrie seinen Takt vor.

Seit Beginn des Computer-Zeitalters werden die verfügbaren Prozessoren, wie Moore vorhersagte, immer kleiner und leistungsfähiger. Derzeit stellt Intel die Produktion bereits auf die 32-Nanometer-Technologie um. Ein Nanometer, also ein Millionstel Millimeter, ist etwa 2000 Mal dünner als ein menschliches Haar. Dabei werden Chips in Strukturbreiten von nur noch 32 Nanometer beschriftet. Zugleich bringen die Techniker immer mehr Transistoren auf einem Chip unter. Während Intels erster richtiger Prozessor, der 4004, noch aus 2300 Transistoren bestand, will das Unternehmen Ende des Jahres mit seinem Server-Chip Tukwila bereits die Marke von zwei Milliarden Transistoren erreichen.

Der Physiker und Chemiker Moore hatte seine Prognosen 1965, nur wenige Jahre nach der Erfindung sogenannter integrierter Schaltungen und noch vor der Gründung von Intel erstmals in der Fachzeitschrift «Electronics» dargestellt. Er präzisierte seine Ansichten zehn Jahre später noch einmal in einem anderen Aufsatz, der fortan als Grundlage für das Mooresche Gesetz gilt. In der damals noch sehr jungen Industrie war es vor allem wichtig, verlässliche Ausblicke zu entwerfen, die die Computerbranche für ihre Planungen nutzen konnte.

Moore war davon ausgegangen, dass nur eine immer preisgünstigere Herstellung immer leistungsfähigerer Bauteile das Wachstum der Branche und die weltweite Verbreitung von Computern antreiben kann. In den vergangenen Jahren wuchs allerdings auch Kritik an diesem Geschäftsmodell. In immer schnelleren Abständen gelten Computer heute als veraltet, weil auch die jeweils aktuelle Software immer leistungs- und speicherhungriger wird.

Bis heute gab es immer wieder Prognosen, wann das von Moore beschriebene exponentielle Wachstum zumindest an seine natürlichen physikalischen Grenzen stoßen muss. Moore selbst hatte im vergangenen Jahr seinem Gesetz noch eine Gültigkeitsdauer von rund 10 bis 15 Jahren gegeben, andere Intel-Manager wie Pat Gelsinger gehen inzwischen davon aus, dass der Grundsatz noch bis 2029 Gültigkeit haben wird.


Von Renate Grimming, dpa

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