06.09.2007

50 Jahre Wissenschaftsrat

Vor genau 50 Jahren wurde das wichtigste Beratergremium in der deutschen Hochschul- und Forschungspolitik - der Wissenschaftsrat - aus der Taufe gehoben.

50 Jahre Wissenschaftsrat 

Berlin (dpa) - Theodor Heuss wollte «kein Diskutierkränzchen». Als der erste deutsche Bundespräsident vor genau 50 Jahren den Wissenschaftsrat aus der Taufe hob, mahnte er den Expertenkreis zu zügiger Arbeit. Schließlich sei «Wissenschaft teuer geworden», gab er den auserwählten Mitgliedern mit auf den Weg. Mit einem Festakt feierte das wichtigste Beratergremium in der deutschen Hochschul- und Forschungspolitik am Mittwoch seinen 50. Geburtstag. Und die Probleme von damals gleichen denen von heute - auch wenn Wissenschaft wahrlich noch viel teurer geworden ist.

Damals kostete ein über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) abgewickeltes Forschungsprojekt im Schnitt 11.000 DM. Heute sind dies 300.000 Euro und manchmal sogar noch viel mehr. Früher reichten meist Bücher. Heute fordern zusätzliches Personal, Großrechner, aufwendige Labore und hochauflösende Rasterelektronenmikroskope ihren Preis.

Damals hatte gerade der «Sputnik-Schock» - der erste Start eines Weltraum-Satelliten durch die Sowjets - den Glauben an die Überlegenheit der westlichen Wissenschaft erschüttert. Heute fürchten Wirtschaft wie Regierung, dass sich der Mangel an Ingenieuren, Naturwissenschaftlern, Ärzten und anderen akademisch ausgebildeten Fachleuten als Wachstumsbremse für die gerade wieder angesprungene Konjunktur erweisen könnte.

Schon 1966 forderte der Wissenschaftsrat kürzere Studienzeiten und mehr erfolgreiche Hochschulabsolventen - für den wachsenden Bedarf der Wirtschaft. Zu seinen spektakulärsten Voten zählen sicherlich die Empfehlung zur Errichtung von Gesamthochschulen mit einander aufbauenden Fachhochschul- und Uni-Abschlüssen und das Plädoyer zur Differenzierung des Studienangebotes (1978). Erst heute sind mit den neuen Bachelor- und Masterabschlüssen die Kerngedanken des Konzeptes auch politisch umgesetzt.

Denn der Wissenschaftsrat kann Bund und Ländern nur Empfehlungen geben, keine Entscheidungen treffen oder gar Gesetze formulieren. Organisiert sind seine 54 Mitglieder in einem Zwei-Kammer-System: Für die Wissenschaftliche Kommission werden 24 angesehene Professoren und acht Personen des öffentlichen Lebens vom Bundespräsidenten berufen. 16 Mitglieder der 22-köpfigen Verwaltungskommission stellen die Länder. Oft sind dies ihre Wissenschaftsminister. Sechs kommen vom Bund.

Beide Kommissionen sind zum Konsens verpflichtet. Dies gilt als Schwäche wie Stärke des Wissenschaftsrates zugleich. Der Zwang zum Kompromiss lässt für Visionen und freche Utopien in den Empfehlungen oft zu wenig Raum. Doch der oft nach langen Debatten und fachlicher Vorarbeit gefundene Kompromiss ist oft genau das, was sich in den Ländern wie an den Hochschulen tatsächlich auch umsetzen lässt.

Neben den allgemeinen Empfehlungen und der Neuordnung der Ost- Hochschullandschaft nach der deutschen Einheit zählte über Jahre hinweg die ständige Qualitätsüberprüfung von Forschungsinstituten zu den Hauptaufgaben des Wissenschaftsrates. Das ging nicht immer ohne Blessuren ab. Als der Rat etwa massive Kritik an der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute übte, brachte er nicht nur die Forscher sondern alle Wirtschaftsminister von Bund und Ländern gegen sich auf. Doch der Wissenschaftsrat blieb standhaft bei seiner Kritik.

36 Jahre lang war das Gremium auch für die Bund-Länder- Rahmenplanung des Hochschulbaus verantwortlich. Das sollte verhindern, dass Länder ohne Abstimmung etwa teure Uni-Kliniken nebeneinander herbauten oder teure Fachstudiengänge gleichzeitig an mehreren Standorten unkoordiniert ausgeweitet wurden. Mit der Föderalismusreform fiel zwar der Zwang zur Bund-Länder-Abstimmung und damit ein wichtiges Aufgabenfeld für den Rat. Die Probleme sind gleichwohl geblieben.

Doch in der Debatte um die Föderalismusreform stand der Rat als einziges Bund-Länder-Gremium nie ernsthaft zur Disposition. Im «Systemblick» - also der Übersicht über das gesamte bundesdeutsche Hochschul- und Forschungssystems - sieht der Generalsekretär des Wissenschaftsrates, Wedig von Heyden, auch künftig die zentrale Aufgabe des Rates. Zudem wollen die Experten ihre oft gefürchteten Qualitätskontrollen bei Instituten und an Hochschulen unvermindert fortsetzen.

Karl-Heinz Reith, dpa

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