5G für die Zug-zu-Zug-Kommunikation
Datentransfer für einen effizienteren und flexibleren Bahnverkehr.
Die neuen 5G-Mobilfunksysteme ermöglichen eine zuverlässige, sichere und drahtlose Datenübertragung. Damit wird im Schienenverkehr das virtuelle Kuppeln – selbstständig und berührungslos – von Zügen während der Fahrt zu längeren, virtuellen Einheiten möglich. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR haben bei einer Messkampagne auf dem Testgelände der Technischen Hochschule Aachen untersucht, ob Züge mit einem für diese Anwendung entwickelten Millimeterwellen-Funksystem mit hohen Datenraten und bei minimaler Verzögerungszeit untereinander kommunizieren können. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine stabile und sichere Kommunikation bis zu einer Distanz von rund 130 Metern möglich ist.
Abb.: DLR-Forscher untersuchten auf einem Testgelände der RWTH Aachen die schnelle und sichere 5G-Datenübertragung zwischen Zügen. (Bild: DLR, CC-BY 3.0)
Das automatische Kuppeln von Zügen und die virtuelle Verbindung von einzelnen Zugwaggons oder ganzen Zügen ist ein wesentlicher Schritt hin zu mehr Flexibilität und Effizienz im Schienenverkehr. Für die sichere und schnelle Kommunikation der Züge untereinander eignet sich eine Funkwellenübertragung im Frequenzbereich zwischen 63 und 64 Gigahertz. Für diesen im Mobilfunk noch wenig genutzten Frequenzen entwickelten Forscher des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation ein neuartiges Millimeterwellen-Funkmodul. „Für eine sichere Automatisierung im Zugverkehr muss die Datenübertragung selbst unter schwierigsten Verhältnissen, wie zum Beispiel einer hohen Zuggeschwindigkeit, in Echtzeit funktionieren. Deshalb haben wir die Übertragungseigenschaften in unserer Messkampagne unter die Lupe genommen“, sagt Projektleiter Stephan Sand.
Im Rahmen ihrer Messkampagne haben die Forscher auf einem Schienentestgelände die Übertragungsmöglichkeiten zwischen Zugwaggons auf kurzen und mittleren Distanzen untersucht. Dabei konnten sie erstmals in Europa dynamische Messungen der Funkausbreitung zwischen Zügen im Millimeterwellen-Band durchführen. Das Institut für Schienenfahrzeuge und Transportsysteme (IFS) der RWTH Aachen stellte zwei selbstgetriebene Versuchszugwagen zur Verfügung, wodurch die Messungen unter eisenbahnspezifischen Bedingungen durchgeführt werden konnten. Die Funkmodule wurden auf den Kupplungen der Zugwagen montiert. „Neben den Übertragungseigenschaften konnten wir mit diesem Versuchsaufbau auch den Einfluss der Zugvibrationen und des Kopplungsvorgangs auf die Millimeterwellen-Systeme analysieren“, erläutert Sand.
Die Gleise der RWTH Aachen bieten auf kleinstem Raum eine Vielfalt an unterschiedlichen Umgebungsbedingungen. So konnten automatische Kopplungsmanöver in verschiedenen Umgebungen, wie freies Umfeld, in der Nähe des Bahnsteigs und neben Bäumen und Büschen durchgeführt werden sowie gerade und gekrümmte Gleisabschnitte verglichen werden. Zur Analyse der Übertragungseigenschaften, wurden die Signale aufgezeichnet, um deren Ausbreitung zu analysieren. Darauf aufbauend können dann sichere und schnelle Kommunikationssysteme entwickelt werden.
Die ersten Ergebnisse haben gezeigt: die Kommunikation über Millimeterwellen ist selbst über größere Distanzen bis zu 130 Metern möglich. Eine vielversprechende Erkenntnis, denn auch physisch gekoppelte Zugwagen sollen künftig sicherheitskritische Daten über diese Funkverbindungen übertragen, die drahtlose Zugsteuerungs- und Überwachungssysteme (Train Control and Monitoring Systems; TCMS) ermöglichen. Drahtloses TCMS bietet viele Vorteile gegenüber den aktuell verdrahteten Systemen wie etwa einen zusätzlichen, extrem sicheren Übertragungsweg zur elektrischen Kupplung, die mehr als 100 sensible elektrische Kontakte enthält.
Da die elektrischen Kupplungen stark beim Kuppeln belastet werden und auch den Witterungsbedingungen ausgesetzt sind, fallen diese häufig aus und müssen repariert werden. Dies führt wiederum zu Zugausfällen und Verspätungen. Da drahtloses TCMS inhärent kontaktlos die Daten überträgt, droht hier kein Ausfall aufgrund von elektromechanischen Belastungen. Die 5G ultra Reliable Low Latency Communications (uRLLC) für drahtloses TCMS ermöglicht auch eine präzise und zuverlässige Distanzschätzung zwischen den Zügen beim Kuppeln. Dadurch kann der Kupplungsvorgang mit drahtlosen TCMS und 5G uRLLC vollautomatisiert werden.
DLR / JOL