11.09.2017

Aktive Zentren auf Katalysatoroberflächen

Rastertunnelmikroskop-Messungen zeigen chemische Hot­spots.

Ohne Katalysatoren keine Energiewende: Die chemischen Prozesse, die not­wendig sind, um mit Strom Wasser­stoff­gas her­zu­stellen, den Wasser­stoff in Brenn­stoff­zellen wieder in elek­trische Energie zu ver­wandeln, oder Kohlen­dioxid in Treib­stoff umzu­wandeln, würden viel zu lang­sam ab­laufen. Kataly­s­atoren beschleu­nigen die Reak­tionen, ohne dabei ver­braucht zu werden. „Kataly­sa­toren sind für die Industrie enorm wichtig. Diese hat daher großes Inte­resse daran, die Materi­alien weiter zu ver­bessern, um die Effi­zienz der Prozesse zu erhöhen“, sagt Aliaksandr Bandarenka von der TU München.

Abb.: Jonas Pfisterer und Yunchang Liang am Raster­tunnel­mikro­skop im Labor der Arbeits­gruppe von Aliaksandr Bandarenka an der TU München. (Bild: W. Schür­mann, TUM)

Eine wichtige Voraussetzung dafür hat der Forscher jetzt zusammen mit seinem Team geschaffen: Erst­mals ist es gelungen, mit einem Raster­tunnel­mikro­skop die Oberfläche von Kataly­sa­toren während eines chemischen Pro­zesses zu unter­suchen. Auf diese Weise konnte detail­genau ermit­telt werden, an welchen Stellen die Reak­tions­geschwin­dig­keit und damit die Akti­vität der Kataly­sa­toren am höch­sten ist.

Schon seit langem erforschen Wissenschaftler die Zusammenhänge zwischen der Ober­flächen­struktur und der Akti­vität hetero­gener Kataly­sa­toren, bei denen chemische Reak­tionen an der Grenz­fläche zwischen Fest­stoff und Flüs­sig­keit bezie­hungs­weise Gas statt­finden. Hetero­gene Kataly­sa­toren werden beispiels­weise bei der elektro­ly­tischen Gewinnung von Wasser­stoff­gas oder bei der Reini­gung von Auto­abgasen ein­ge­setzt. „Die chemischen Reak­tionen laufen jedoch nicht über­all gleich schnell ab, sondern es gibt auf der Ober­fläche der Kataly­sa­toren aktive Zentren“, sagt Bandarenka. „Um diese zu lokali­sieren, waren wir bisher auf Modell­rech­nungen und indi­rekte Messungen ange­wiesen.“

Mit dem neuen Analyseverfahren lassen sich die aktiven Zentren jetzt erst­mals experi­men­tell nach­weisen. Proben mit Kataly­sa­tor­materi­alen – darunter Platin und eine Kombi­nation aus Gold und Palla­dium – werden dazu mit einer flüs­sigen Elektro­lyt­schicht bedeckt und im Raster­tunnel­mikro­skop unter­sucht. Während Wasser­stoff-Ionen aus dem Elektro­lyt an der Ober­fläche des Kataly­sa­tors Elek­tronen auf­nehmen und Wasser­stoff­gas bilden, rastert die Spitze des Mikro­skops im Abstand von wenigen Nano­metern die Kataly­sa­tor­ober­fläche ab. Punkt für Punkt wird der Tunnel­strom gemessen, der zwischen Ober­fläche und Spitze fließt. Ein ange­schlos­sener Rechner regis­triert die Signale.

„Interessanterweise sind die Tunnelströme nicht überall gleich. Da gibt es Bereiche, in denen der Strom stärker, aber unregel­mäßig fließt – er rauscht“, berichtet Bandarenka. Dieses Rauschen sei seit längerem bekannt, doch bisher habe niemand nach den Ursachen gefragt. Bei der Aus­wer­tung der Daten stieß das Team jetzt auf einen ein­deutigen Zusam­men­hang zwischen der Inten­sität des Rauschens und Defekten an der Ober­fläche der Kataly­sa­toren – mikro­skopisch feinen Stufen, Kanten oder Ecken. „Mit der Zahl der Defekte nimmt das Rauschen zu – es fließen mehr Elek­tronen und damit mehr Strom“, so Bandarenka.


Kleine Defekte im Atomgitter, aber auch Grenzen zwischen Materialien – beispiels­weise Palladium auf Gold – scheinen also idealen Bedin­gungen für die Kata­lyse zu schaffen. Doch warum? „Unsere Experi­mente zeigen, dass die Zahl der Nach­bar­atome und die daraus resul­tie­rende Stärke der Bindung ent­schei­dend ist für die Akti­vität“, erläutert Team-Mitglied Oliver Schneider. Die Ergeb­nisse wollen die Forscher jetzt nutzen, um effek­ti­vere Kataly­sa­tor­materi­alien mit mög­lichst großen aktiven Bereichen zu ent­wickeln.

TUM / RK

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