28.11.2013

Alles aus einem Strahl

Lasergetriebener Kielfeld-Compton-Aufbau erlaubt sehr kompakte Synchrotron-Röntgenstrahlungsquellen.

Die vielfachen Anwendungen intensiver und kohärenter Röntgenstrahlung lassen geeignete, durchstimmbare Strahlungsquellen auf dem Wunschzettel vieler Forscher erscheinen. Auch wenn kompakte Geräte nicht die Intensitäten und Strahlqualität der viele hundert Meter großen Synchrotrons liefern können, erhoffen sich viele Wissenschaftler von kleinen Synchrotron-Röntgenquellen Fortschritte in medizinischen Anwendungen, in der Materialwissenschaft und in der universitären Forschung.

Abb.: Aufbau der Compton-Röntgen-Quelle (Bild: N. D. Powers et al.)

Ein Team um Donald Umstadter von der University of Nebraska-Lincoln konnte nun eine besonders kompakte und noch dazu in der Energie durchstimmbare Apparatur realisieren, die sich die Kielfeld-Beschleunigung und den inversen Compton-Effekt mit ein und demselben Laserpuls zunutze macht. Damit erzielten sie deutlich höhere Strahlintensitäten und Photonenzahlen pro Puls im Vergleich zu anderen Versuchen, bei denen von Radiowellen getriebene Beschleuniger zur Produktion von Röntgenstrahlung dienen.

Um Kielfeld-Beschleunigung und inversen Compton-Effekt verknüpfen zu können, benötigten die Forscher starke Laserpulse, wie sie der Diocles-Laser am Extreme Light Laboratory mit einer Ausgangsleistung von 100 TW bei 800 nm Wellenlänge liefert. Diesen Strahl splitteten die Forscher durch einen optischen Strahlteiler in zwei synchronisierte Teilstrahlen. Durch diese Architektur konnten sie sowohl eine hohe Synchronizität als auch eine gute Durchstimmbarkeit gewährleisten. Denn die Elektronen- und damit die Röntgenenergie hängt von der einstellbaren Stärke des Laserpulses ab.

Einen der beiden Laserstrahlen nutzten die Forscher als Treiberstrahl für die Kielfeld-Beschleunigung. Diesen 33 fs langen Puls bündelten sie auf einen 21 μm messenden Brennpunkt. An dieser Stelle befand sich ein zweistufiger Gas-Jet, der über das Prinzip der Kielfeld-Beschleunigung einen hochenergetischen Elektronenstrahl erzeugte. Die erste oder Injektionsstufe des Gas-Jets bestand aus einem 99:1-Gemisch aus Helium und Stickstoff, um die Beschleunigung in Gang zu setzen. Hieran schloss sich die zweite oder Beschleunigungsstufe aus reinem Helium, bei der die Elektronen in den laserinduzierten Plasmawellen durch die extremen Feldgradienten auf kürzestem Raum beschleunigt wurden.

Abb.: Das räumliche Profil der Röntgenstrahlung bestimmten die Forscher mit Hilfe von Ross-Filtern. (Bild: N. D. Powers et al.)

Den anderen, 150 fs langen Puls schickten sie als Streustrahl von der entgegengesetzten Seite kurz hinter den Gas-Jet auf den so produzierten Elektronenstrahl. Der Aufbau ließ keine genau gegenüberliegende Richtung zu, was der optimalen Konfiguration entsprochen hätte. Die Forscher konnten aber immerhin einen Streuwinkel von 170 realisieren.

Dieser Laserpuls übernahm die Rolle der Undulatoren in gewöhnlichen Synchrotrons und streute über den inversen Compton-Effekt an den hochenergetischen Elektronen. Hierdurch erreichten die Photonen Energien bis in den hohen Röntgenbereich. Den Elektronenstrahl lenkten die Forscher nach der Compton-Streuung über ein starkes Magnetfeld zur Seite auf einen Detektor ab, mit dem sie dessen Energie bestimmten. Die Photonenenergien bestimmten sie mit Hilfe von Ross-Filtern aus verschiedenen Elementen. Hierzu nutzten sie zwischen unter einem bis 12 mm dicke Filter aus Aluminium, Kupfer, Blei und Uran. Dank des starken und regelbaren Laserpulses konnten die Forscher Elektronenenergien zwischen 50 und knapp 300 MeV erzielen. Dies übersetzte sich in Photonenenergien von etwa siebzig Kiloelektronenvolt bis hin zu über ein Megaelektronenvolt.

Als besonderes Merkmal ihres Aufbaus heben die Forscher hervor, dass sie einen durchstimmbaren sowie quasi monoenergetischen Röntgenstrahl mit geringer Bandbreite erzeugen konnten. Nach theoretischen Berechnungen sollte die Streuung bei der Halbwertsbreite bei rund 44 Prozent liegen. Der gemessene Wert liegt mit 50 Prozent nur knapp darüber und schuldet sich der Spektralbreite des Lasers, dem Streuwinkel und der ponderomotorischen Kraft des Lasers.

Abb.: Die Gasdüse, auf die der Laser fokussiert wird, ist sehr kompakt und erlaubt dank Kielfeld-Beschleunigung dennoch hohe Elektronenenergien. (Bild: G. Nathan, UNL)

Insgesamt führten die Wissenschaftler 664 Schüsse mit dem Laser durch. Bei über 93 Prozent der Versuche konnten sie die Entstehung von Röntgenstrahlung nachweisen. Immer noch 56 Prozent der Schüsse lieferten quasi-monoenergetische Röntgenpulse mit einer Energiestreuung unterhalb von 25 Prozent. Die Photonenzahl lag im Schnitt bei etwas über einer Million.

Eine mögliche Anwendung ihres Aufbaus sehen die Forscher insbesondere in der Radiographie. Prinzipiell ist es aber auch möglich, etwa durch parametrische Konversion des Streustrahls sowie durch höhere Kielfeld-Beschleunigung Photonen bis in den Gammabereich zu erzeugen und somit die Schwelle zur Photodesintegration bei rund zehn Megaelektronenvolt zu überschreiten, was neue Möglichkeiten für die kernphysikalische Forschung erlauben würde.

Dirk Eidemüller

OD

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