14.08.2009

Anfahrt mit gezogener Handbremse

Der Large Hadron Collider am CERN soll im November wieder in Betrieb gehen, allerdings nur mit reduzierter Strahlenergie

Physik Journal – Der Large Hadron Collider am CERN soll im November wieder in Betrieb gehen, allerdings nur mit reduzierter Strahlenergie.

Frühjahr, Juni, September und nun November – immer weiter verzögert sich die Inbetriebnahme des Large Hadron Collider (LHC) am CERN nach dem Unfall im vergangenen September. Dieser läutete nur neun Tage nach der Inbetriebnahme (first beam) eine Zwangspause für den größten Teilchenbeschleuniger weltweit ein. Auslöser für den Unfall am 19. September war eine fehlerhafte elektrische Verbindung zwischen den supraleitenden Kabeln zweier Magnete. Seither wurden die 53 beschädigten Magnete repariert oder ausgetauscht und neue Sicherheitssysteme installiert. Bei Tests der rund 10000 gleichen Verbindungen im 27 Kilometer langen Beschleunigertunnel wurden einige wenige weitere fehlerhafte Verbindungen identifiziert und anschließend repariert. Gleichzeitig sind aber auch neue Probleme aufgetaucht, die den Betrieb des LHC mit der nominellen Energie von 7 TeV pro Strahl vor dem Jahr 2011 ausschließen.

Abb.: Nach der Zwangspause soll der LHC
nun im November wieder in Betrieb gehen.

(Quelle: CERN)

Sorgen bereiten nun Verbindungen zwischen Kupferstrukturen, die einerseits die supraleitenden Kabel mechanisch stabilisieren und andererseits den elektrischen Strom tragen sollen, falls die Supraleiter – aus welchen Gründen auch immer – in den normalleitenden Zustand übergehen (quenchen). Rund 80 dieser Kupferverbindungen weisen einen zu hohen elektrischen Widerstand auf, und um sie alle zu reparieren, müssten weitere Sektoren des LHC auf Raumtemperatur erwärmt werden. Diese Aufwärm- und Abkühlphasen einzelner Sektoren dauern mehrere Wochen.

Der Zeitplan sieht nun vor, Mitte November wieder die ersten Protonen in den Ring zu injizieren und die Energie in den Wochen danach zunächst auf 3,5 TeV pro Strahl zu erhöhen. Bei dieser Energie sollen die Kollaborationen ihre großen Detektoren eichen und erste Daten sammeln, während die Betriebsmannschaft lernt, den Beschleuniger zu beherrschen. Anschließend soll der LHC bis Ende 2010 mit einer Energie von 5 TeV laufen. Diese Energie ist bereits deutlich höher als diejenige des Tevatron-Beschleunigers am Fermilab und rückt interessante Entdeckungen in den Bereich des Möglichen. „Wir verstehen den LHC jetzt viel besser als vor einem Jahr“, sagte der CERN-Generaldirektor Rolf Heuer Anfang August, „daher können wir uns mit Zuversicht und gespannt auf den run freuen.“ Neben den Proton-Proton-Kollisionen sind Ende 2010 auch erste Blei-Blei-Kollisionen geplant, bevor die anschließende Winterpause dazu dienen soll, die letzten fehlerhaften Verbindungen zu reparieren und zusätzliche Sicherheitsventile zu montieren. Ab 2011 könnte der LHC dann seine volle Energie erreichen.

Stefan Jorda

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