Astronomen entdecken Schwarze Löcher in der Frühzeit des Kosmos
Verborgen hinter dichten Gas- und Staubwolken wuchsen die ersten supermassiven Schwarzen Löcher gemeinsam mit ihren Galaxien.
Verborgen hinter dichten Gas- und Staubwolken wuchsen die ersten supermassiven Schwarzen Löcher gemeinsam mit ihren Galaxien.
Im Zentrum nahezu jeder Galaxie gibt es ein Schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse unserer Sonne. Beobachtungen amerikanischer Astronomen zeigen, dass es diese supermassiven Schwarzen Löcher bereits wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall gab - und dass sie im jungen Kosmos gemeinsam mit ihren Galaxien gewachsen sind. Wie die Wissenschaftler berichten, sind die Schwarzen Löcher hinter dichten Wolken aus Gas und Staub verborgen. Sie verraten sich deshalb nur durch ihre hochenergetische Röntgenstrahlung, die diese Wolken durchdringen kann.
Abb.: Hubble-Aufnahme mit Galaxien im jungen Kosmos. Die Kreise markieren die Galaxien, bei denen der Chandra-Satellit Röntgenstrahlung Schwarzer Löcher nachgewiesen hat. (Bild: NASA/STScI/CXC/U.Hawaii/E.Treister et al./UC Santa Cruz/G.Illingworth et al./S.Beckwith et al.)
„Unsere Ergebnisse belegen, dass Schwarze Löcher im Verlauf der gesamten kosmischen Geschichte im Tandem mit ihren Wirtsgalaxien gewachsen sind“, erklären Ezequiel Treister von der University of Hawaii und seine Kollegen, „auch schon in der Frühzeit des Kosmos.“ Durch die Kombination von Beobachtungen mit dem Hubble Space Telescope und dem Chandra X-ray Observatory gelang es den Forschern, über 250 supermassive Schwarze Löcher aufzuspüren, die bis zu 13 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind. Damit erhalten die Astronomen zugleich einen Einblick in die kosmische Vergangenheit: Sie sehen die Schwarzen Löcher so, wie sie vor 13 Milliarden Jahren, nur 700 Millionen Jahre nach dem Urknall, ausgesehen haben.
Zwar kann aus dem inneren Schwarzer Löcher keine Strahlung entkommen. Sie verraten ihre Existenz aber über Strahlung, die beim Einfall von Materie in die massereichen Objekte freigesetzt wird. Als aktive Galaxienkerne oder Quasare überstrahlen sie dann oft ihre Wirtsgalaxien. Im jungen Kosmos sind die Schwarzen Löcher aber noch hinter dichten Gas- und Staubwolken verborgen, die den überwiegenden Teil der Strahlung absorbieren. Einzig hochenergetische Röntgenstrahlung vermag diese Barriere zu durchdringen.
Nach dieser verräterischen Röntgenstrahlung haben Treister und seine Kollegen in Archivdaten des Chandra-Satelliten gesucht. Die Forscher haben sich dabei auf das „Hubble Deep Field South" konzentriert, einen Himmelsausschnitt, in dem das Hubble-Teleskop bereits mehrere hundert Galaxien im jungen Kosmos aufgespürt hat. Über eine Korrelation der Hubble- und der Chandra-Daten gelang es den Wissenschaftlern, die Röntgenstrahlung diesen Galaxien zuzuordnen und so die Schwarzen Löcher nachzuweisen. Das beobachtete Signal ist zwar extrem gering – weniger als fünf Röntgen-Photonen pro Galaxie –, aber die statistische Signifikanz ist nach Aussage der Autoren mit 7 Sigma sehr hoch.
„Die Beobachtungen zeigen uns, dass es bereits 700 bis 800 Millionen Jahre nach dem Urknall extrem massereiche Schwarze Löcher gab“, sagt Priyamvada Natarajan von der Yale University, ein Mitglied des Forscherteams. „Sie wurden also entweder bereits so massereich geboren oder sie müssen anfangs rasant angewachsen sein.“ Dann sind sie, wie die Beobachtungen zeigen, gemeinsam mit ihren Galaxien weiter gewachsen, eine Entwicklung, die bis in den heutigen Kosmos angehalten hat.
Der Nachweis einer solchen „normalen“ Population supermassiver Schwarzer Löcher im jungen Kosmos ist ein wichtiger Schritt zu einem Verständnis der Entstehung der ersten Strukturen im Universum. Die Fragen, wie die ersten Schwarzen Löcher entstanden sind und warum sie sich im Gleichschritt mit ihren Galaxien entwickeln, können jedoch wohl erst mit künftigen Großteleskopen beantwortet werden.
Rainer Kayser
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