Astronomische Wachstumsbremse
Zwischen der Aktivität der Quasare und der Entwicklung von Galaxien besteht ein Zusammenhang. Das belegen numerische Simulationen.
Zwischen der Aktivität der Quasare und der Entwicklung von Galaxien besteht ein Zusammenhang. Das belegen numerische Simulationen.
Einem deutsch-amerikanischen Team von Astrophysikern ist es mithilfe numerischer Simulationen erstmals gelungen, den lange gesuchten Zusammenhang zwischen der Aktivität der Quasare und der Entwicklung von Galaxien aufzudecken. In ihren Computersimulationen verfolgten die Forscher die Kollision von Galaxien, bei der es sowohl zu einem starken Materieeinfall auf die zentralen Schwarzen Löcher in den Galaxienzentren, als auch zu einem Sternentstehungs-Ausbruch kommt. Wie das Team herausfand, setzt die durch den Materieeinfall ausgelöste Quasaraktivität so viel Energie frei, dass gewaltige Mengen von Gas aus dem Galaxienzentrum herausgeschleudert werden – was wiederum sowohl die Sternentstehung als auch das Wachstum der Schwarzen Löcher begrenzt.
Im jungen Kosmos besaßen viele Galaxien extrem leuchtkräftige Kerne, die so genannten Quasare. Diese „kosmischen Leuchtfeuer“ werden von supermassiven Schwarzen Löchern angefeuert, die eine Masse von bis zu einer Milliarde Sonnenmassen besitzen können. Seit langem wissen die Astronomen, dass die Masse dieser Schwarzen Löcher stark mit der Geschwindigkeitsverteilung der Sterne in der kugelförmigen Zentralregion der Galaxien korreliert. Daraus lässt sich auf einen Zusammenhang in der Entwicklung von Quasaren und Galaxien schließen – doch wo die physikalische Ursache für diesen Zusammenhang liegt, war bislang unbekannt.
Die Kollision zweier Spiralgalaxien, simuliert im Computer. Die Schwerkraft treibt Gas ins Zentrum der Galaxienkerne und löst so die Entstehung neuer Sterne und das Aufleuchten des Quasars aus. In der Quasar-Phase gewinnen die Schwarzen Löcher stark an Masse. Diese Phase dauert bis zu 100 Millionen Jahre und setzt genügend Energie frei, um das Gas aufzuheizen und in den Raum zu schleudern. (Quelle: MPI für Astrophysik)
Tiziana Di Matteo und Volker Springel vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching, sowie Lars Hernquist von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, gelang es nun erstmals, bei der Simulation von Galaxienkollisionen auch die Entwicklung der supermassiven schwarzen Löcher zu berücksichtigen. Dazu repräsentierten die Forscher das Schwarze Loch mit einem speziellen Simulationsteilchen, das aus seiner Umgebung Gas aufsaugen kann, und zwar mit einer Rate, die aus einer einfachen theoretischen Modellbildung abgeleitet ist. Aufgrund von Reibung in den Strömungen um Schwarze Löcher herum wird das einfallende Gas auf enorme Temperaturen aufgeheizt und gibt dadurch energiereiche Strahlung ab.
Die Simulationen zeigen, dass bei der Kollision zweier Galaxien gravitative Gezeitenkräfte diffus verteiltes Gas in ihr Zentrum treiben. Dort kommt es zu einem intensiven Ausbruch der Sternbildung – einem „Starburst“. Dabei füttert das einströmende Gas auch das Schwarze Loch, das so rasch an Masse gewinnt. Durch das Aufleuchten des Quasars wird jedoch der Druck in dem aufgeheizten Gas zu groß – ein mächtiger Wind entsteht, der das noch in der Galaxie vorhandene Gas aus ihrem Zentrum herausschleudert und damit die Quasar-Phase und auch die Sternentstehung abrupt beendet.
In größeren Galaxien, so zeigen die Modellrechnungen weiter, steht immer mehr Gas für die „Fütterung“ des Schwarzen Lochs zur Verfügung. Zugleich wird das Gravitationspotenzial, in dem das Gas gebunden ist, tiefer. Dadurch müssen die Schwarzen Löcher zu immer größeren Massen anwachsen, bevor die von ihnen freigesetzte Energie ausreicht, um die Quasaraktivität durch Herausschleudern des Gases zu stoppen. Das Wachstum des Schwarzen Lochs erweist sich somit als ein sich selbst begrenzender Prozess, der zudem mit der gleichzeitigen Entstehung der kugelförmigen Sternpopulation im Zentrum der Galaxie verknüpft ist.
Rainer Kayser
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Tiziana Di Matteo et al., Energy input from quasars regulates the growth and activity of black holes and their host galaxies, Nature 433, 604 (2005).
http://dx.doi.org/10.1038/nature03335 - Max-Planck-Institut für Astrophysik:
http://www.mpa-garching.mpg.de - Harvard University:
http://www.harvard.edu - Pressemitteilung der Max Planck Gesellschaft:
http://www.mpg.de/.../2005/pressemitteilung20050207/index.html - Spezielle Dokumente und Informationen zum Thema Quasare finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. mit Hilfe der Kategorieverknüpfung Astrophysik+Publikationen.
Weitere Literatur:
- J. Kormendy und D. Richstone, The search for supermassive black holes in galactic Nuclei, Ann. Rev. Astron. Astrophys. 33, 581 (1995).
- L. Ferrarese und H.C. Ford, Supermassive black holes in galactic nuclei: Past, present and future Research, Space Sci. Rev. (im Druck).
- L. Ferrarese und D.A. Merritt, Fundamental relation between supermassive black holes and their host galaxies, Astrophys. J. 539, L1 (2000).
- G. Kauffmann und M. Haehnelt, A unified model for the evolution of galaxies and quasars, Mon. Not. R. Astron. Soc. 311, 576