04.09.2009

Atome tanzen keinen 'Bose Nova'

Österreichische Wissenschaftler erzeugen angeregten, stark korrelierten Vielteilchenzustand

Österreichische Wissenschaftler erzeugen angeregten, stark korrelierten Vielteilchenzustand

Das Verhalten von ultrakalten Quantengasen in einer Raumdimension haben Physiker um Hanns-Christoph Nägerl untersucht. Dabei ist es ihnen erstmals gelungen, einen exotischen Zustand zu erzeugen, bei dem die Gesetze der Quantenmechanik dafür sorgen, dass sich Atome entlang der eindimensionalen Struktur aufreihen. Obwohl sich die Atome stark anziehen und das System deshalb eigentlich kollabieren müsste, entsteht ein stabiler Vielteilchenzustand mit neuen quantenmechanischen Eigenschaften.

Abb.: Schematische Darstellung verschiedener Zustände von eindimensionalen Quantengasen. Bei einer stark anziehenden Wechselwirkung bilden sich molekülähnliche Atomgruppen (im Bild hinten), während die Atome sich bei einer stark abstoßenden Wechselwirkung gegenseitig vermeiden (Bildmitte). Der neue, sogenannte "Super-Tonks Zustand" ist im Bild vorne dargestellt. Obwohl die Atome sich gegenseitig stark anziehen, können sie nicht zusammen kommen. (Bild: Institut für Experimentalphysik, Universität Innsbruck)

Wechselwirkungseffekte äußern sich in niedrigdimensionalen Systemen wesentlich drastischer als im dreidimensionalen Raum. Solche Strukturen sind deshalb für die Physik von besonderem Interesse. Neben nulldimensionalen Quantenpunkten und zweidimensionalen Quantenflächen kennt die Physik auch eindimensionale Quantendrähte. Das sind räumliche Potentialstrukturen, in denen Ladungsträger sich nur in einer Dimension bewegen können. Während Quantenpunkte und Quantenflächen relativ einfach hergestellt und analysiert werden können, lassen sich Quantendrähte an Festkörpern nur sehr schwer untersuchen. Physiker um Hanns-Christoph Nägerl vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck gingen deshalb einen ganz anderen Weg: Sie haben in einer Wolke aus ultrakalten Atomen eindimensionale Strukturen erzeugt und deren Eigenschaften genau analysiert.

In einer Vakuumkammer bilden die Forscher dazu ein Bose-Einstein-Kondensat aus rund 40.000 ultrakalten Cäsium-Atomen. Mit Hilfe von zwei Laserstrahlen erzeugen sie dann ein optisches Gitter, in dem sich die Atome in vertikalen, eindimensionalen Strukturen anordnen. Jeweils bis zu 15 Atome stapeln sich dabei übereinander auf. Durch das Laserlicht werden sie daran gehindert, aus der Reihe zu tanzen oder mit anderen Atomen den Platz zu tauschen. Über ein Magnetfeld können die Forscher die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Atomen justieren: „Vergrößern wir die Anziehungskraft zwischen den Atomen (attraktive Wechselwirkung), bewegen sich diese aufeinander zu und der Stapel von Atomen fällt in sich zusammen“, erklärt Nägerl den in der Fachwelt als „Bose Nova“ bezeichneten Effekt. „Lassen wir hingegen die Atome einander abstoßen (repulsive Wechselwirkung), reihen sie sich in regelmäßigem Abstand entlang der eindimensionalen Struktur auf und es entsteht ein sehr stabiles System.“ Ein überraschender Effekt zeigt sich allerdings, wenn sich die Wechselwirkung zwischen den Atomen schnell von stark abstoßend nach stark anziehend ändert. „Dann erreichen wir einen exotischen, gasähnlichen Zustand, in dem die Atome angeregt sind, sich anziehen, aber nicht aufeinander zu bewegen können und die ‚Bose Nova’ ausbleibt“, sagt Nägerl. Nachgewiesen wird der Zustand, indem das Quantengas leicht zusammengedrückt und dessen Steifigkeit gemessen wird. Der angeregte Vielteilchenzustand kann allerdings nur dann erreicht werden, wenn der Umweg über die repulsive Wechselwirkung gegangen wird. „Dieser vor vier Jahren vorhergesagte Zustand konnte jetzt erstmals experimentell erzeugt werden“, freut sich Elmar Haller, der Erstautor der Forschungsarbeit. Die Erforschung niedrigdimensionaler Strukturen erfährt derzeit international große Aufmerksamkeit und könnte etwa dabei helfen, die Funktionsweise von Hochtemperatursupraleitern in Zukunft besser zu verstehen.

Ultrakalte Quantengase haben den großen Vorteil, dass sie sehr gut gegenüber der Umwelt isoliert werden können“, erklärt Nägerl. „Außerdem können wir in unserem Experiment Defekte, wie sie in Festkörpern häufig vorkommen, praktisch ausschließen.“ Damit steht den Innsbrucker Quantenphysikern eine ideale Versuchanordnung für das Studium der Eigenschaften von Quantendrähten zur Verfügung.

Universität Innsbruck


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