Atome und Supraleiter gekoppelt
Neue Kombination weist einen Weg zu einer neuen Hardware für Quantencomputer auf.
Moderne Quantentechnologien sollen in den kommenden Dekaden die Informationsverarbeitung, die Kommunikation und die Sensorik revolutionieren. Die Grundbausteine für künftige Quantenprozessoren sind zum Beispiel Atome, supraleitende quantenelektronische Schaltkreise, Spinkristalle in Diamanten und Photonen. In den vergangenen Jahren ist klar geworden, dass keiner dieser Quantenbausteine in der Lage ist, alle Anforderungen wie das Empfangen und Speichern von Quantensignalen, deren Verarbeitung und Übertragung zu erfüllen. Der Forschungsgruppe um József Fortágh, Reinhold Kleiner und Dieter Kölle vom Physikalischen Institut der Universität Tübingen ist es nun erstmals gelungen, magnetisch gespeicherte Atome auf einem Chip an einen supraleitenden Mikrowellen-Resonator zu koppeln.
Abb.: In diesem supraleitenden Atomchip werden ultrakalte Atome zu einem koplanaren Resonator gekoppelt. (Bild: H. Hattermann et al. / NPG)
Die Verbindung dieser beiden Bausteine ist ein wesentlicher Schritt in der Konstruktion eines hybriden Quantensystems aus Atomen und Supraleitern, um die weitere Entwicklung von Quantenprozessoren und Quantennetzwerken zu ermöglichen. „Um diese neuen Technologien in den Alltag umzusetzen, müssen wir grundlegend neue Hardwarekomponenten entwickeln“, sagt Fortágh. Statt der klassischen Signale unserer heutigen Technologie, den klassischen Bits, die nur den Wert null oder eins annehmen können, muss die neue Hardware verschränkte Quantenzustände verarbeiten können. „Erst durch die Kombination von unterschiedlichen Quantenbausteinen erlangt man die volle Funktionalität“, sagt Fortágh.
So lassen sich mit supraleitenden Schaltkreisen schnelle Rechenoperationen durchführen, die Speicherung ist jedoch nur auf sehr kurzen Zeitskalen möglich. Neutrale Atome, die über einer Chipoberfläche schweben, sind auf der anderen Seite aufgrund ihrer geringen Wechselwirkungsstärke mit der Umgebung ideal als Quantenspeicher und Emitter für Photonen für die Signalübertragung. Daher haben die Forscher zwei Komponenten zu einem Hybrid zusammengesetzt. Das hybride Quantensystem verbindet die kleinsten quantenelektronischen Bausteine der Natur, die Atome, mit künstlichen Schaltkreisen, den supraleitenden Mikrowellen-Resonatoren. „Wir nutzen die Funktionalität und Vorteile von beiden Komponenten“, sagt Helge Hattermann. „Die Kombination der beiden ungleichen Quantensysteme könnte die Realisierung eines Quantenprozessors mit supraleitenden Quantengattern, atomarem Quantenspeicher und photonischen Qubits ermöglichen.“
Das neue Hybridsystem für künftige Quantenprozessoren und deren Vernetzung bildet eine Parallele zur heutigen, ebenfalls hybriden Technologie, wie ein Blick in die Hardware eines Computers offenbart: Rechenoperationen werden durch mikroelektronische Schaltungen durchgeführt, Informationen werden auf magnetischen Medien gespeichert und Daten werden durch faseroptische Leitungen über das Internet übertragen. „Ähnlich zeichnet sich für künftige Quantenrechner und deren Netzwerke ab, dass sie für die volle Funktionalität einen hybriden Ansatz und disziplinübergreifende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erfordern“, sagt Fortágh.
U. Tübingen / JOL