17.12.2008

Attosekundenblitze aus relativistischen Festkörper-Plasmen

Forscherteam am MPQ demonstriert die Erzeugung von Attosekunden-Blitzen von bislang unerreichter Intensität

Neue Entwicklungen in der Lasertechnik haben den Weg geebnet, Lichtblitze von Attosekundendauer (1 as=10-18 sec) zu erzeugen, mit denen sich die ultraschnelle Bewegung der Elektronen in Atomen und Molekülen "einfrieren" lässt. Die Bandbreite der möglichen Anwendungen ist jedoch durch die geringe Intensität gegenwärtiger Quellen begrenzt. Ein Team von Wissenschaftlern um George Tsakiris hat nun in einem neuartigen Experiment demonstriert, dass sich hochdichte, relativistische Festkörper-Plasmen für die effiziente Umwandlung infraroten Laserlichts in harmonische XUV-Strahlung eignen. Dabei gelang es de Physikern, in einem Zeitraum von weniger als einer Femtosekunde große Mengen an Lichtenergie zu erzeugen. Das Erreichen zeitlicher und räumlicher Auflösung auf subatomaren Skalen hätte weitreichende Folgen für viele Forschungsgebiete, von der Physik über die Chemie, Biologie und Medizin bis hin zu den Informationstechnologien.

Abb.: Ein infraroter Laser-Puls aus wenigen Wellenzügen (halbe Schwingungsperiode: 1,3 Femtosekunden = 1300 Attosekunden) wird auf ein Festkörper-Target fokussiert. Der reflektierte Puls enthält eine Vielzahl von Harmonischen, aus denen durch geeignete Filterung ein einzelner Attosekunden-Pulse selektiert wird. (Bild: MPQ)

Das übliche Verfahren für die Gewinnung ultrakurzer kohärenter Lichtpulse im XUV-Spektralbereich beruht auf der Erzeugung sogenannter "Harmonischer", die beim Gang von Laserlicht durch ein Gas-Target entstehen. Das Laserlicht wird dabei in Strahlung umgewandelt, deren Frequenz ein ganzzahliges Vielfaches der Grundfrequenz ist. Im Gegensatz dazu fokussieren die Physiker bei dem hier beschriebenen Experiment kurze Laserpulse aus dem Titan-Saphir-Laser ATLAS (IR, 800 nm) auf ein Festkörper-Target. Dessen Oberfläche wird dadurch vollständig ionisiert, so dass sich dort ein hochdichtes Plasma herausbildet, in dem die Elektronen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit im Laserfeld oszillieren. Zwei Prozesse führen hier zur Erzeugung Harmonischer: Auf der einen Seite reflektieren die hin- und her schwingenden Elektronen das ankommende Licht. Wenn sie dabei dem Strahl entgegenlaufen, wird das Licht infolge des Doppler-Effekts zu höheren Frequenzen verschoben. Auf der anderen Seite - und das ist der dominante Prozess in diesem Experiment - erzeugen die in die Oberfläche injizierten Elektronen in ihrem Gefolge Plasmawellen. Unter bestimmten Umständen werden diese in elektromagnetische Strahlung bei höheren Harmonischen als der Frequenz des Treiberlasers umgewandelt. Ein geeigneter Filter entfernt die verbliebene IR-Strahlung und selektiert einen Bereich von Harmonischen.

"Es gibt keine Möglichkeit, die zeitliche Struktur der Folge von ausgesandten Attosekunden-Pulsen direkt zu bestimmen", erklärt George Tsakiris, Leiter des Projekts. "Wir müssen uns daher eines Tricks bedienen: wir lassen zwei Kopien der Pulszüge mit den Atomen in einem Helium-Gasjet in Wechselwirkung treten. Indem wir die Zeitverschiebung zwischen ihnen variieren und die korrespondierende Zahl an Helium-Ionen aufzeichnen, können wir auf die Zeitstruktur der XUV-Strahlung schließen." "Wir haben erstmals gezeigt, dass die in einem Festkörper erzeugten Harmonischen tatsächlich als eine dichte Folge von Attosekunden-Pulsen ausgesandt werden", fügt Rainer Hörlein, Doktorand am Institut, hinzu.

Allgemein gesprochen haben die Physiker erstmals erfolgreich eine alternative Methode zu der Gewinnung von Attosekunden-Pulsen über Harmonische in Edelgas-Targets erprobt. Darüber hinaus haben die Pulse eine um Größenordnungen höhere Intensität als konventionell erzeugte. Und noch ein weiterer Vorteil im Vergleich zu den Gas-Harmonischen wird erwartet. Die neue Methode sollte skalierbar sein, d.h., je höher die Laserintensität, desto kürzer und energiereicher die Attosekunden-Pulse. Attosekunden-Pulse mit einer Intensität, die weit höher ist als dem gegenwärtigen Stand der Technik entspricht, würden eine Reihe interessanter Experimente und sogar Anrege-Abfrage-Experimente mit Attosekunden-Auflösung ermöglichen.

Max-Planck-Institut für Quantenoptik

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