12.10.2011

Auch die Venus hat eine Ozonschicht

Messungen der europäischen Raumsonde Venus Express zeigen: Als Lebens-Indikator ist das dreiatomige Sauerstoff-Molekül mit Vorsicht zu genießen!

Der innere Nachbarplanet der Erde ist in einhundert Kilometern Höhe von einer Ozonschicht umgeben. Das zeigen Messungen der europäischen Raumsonde Venus Express. Die Venus ist damit der dritte Planet nach Erde und Mars, der Ozon in seiner Lufthülle enthält. Mit einer Konzentration von zehn bis hundert Millionen Molekülen pro Kubikzentimetern beträgt der Anteil der Ozon-Moleküle an der Venus-Atmosphäre allerdings weniger als ein Prozent des irdischen Wertes, berichtet ein internationales Forscherteam. Die Entstehung des Ozons lässt sich allein durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre erklären – biologische Aktivität spielt keine Rolle.

Abb.: Die Punkte zeigen an, wo die Instrumente der Sonde Venus Express die Ozon-Vorkommen vermessen konnten. Es handelt sich dabei um eine recht dünne Schicht in einer Höhe von etwa 90 bis 120 Kilometern. (Bild: Esa, AOES Medialab)

„Der Ozon-Zyklus auf der Venus hat starke Ähnlichkeit mit dem Ozon-Zyklus auf der Erde“, erklärt Franck Montmessin vom Laboratoire Atmosphères, Milieux, Observations Spatiales im französischen Guyancourt, der Leiter des Forscherteams. Das Ozon entsteht jeweils dadurch, dass Kohlendioxid-Moleküle durch die Sonnenstrahlung aufgebrochen werden und so Sauerstoff-Atome freisetzen, die sich dann teilweise zu den dreiatomigen Ozon-Molekülen verbinden. Zerstört wird das Ozon durch eine katalytische Reaktion mit Chlor, so dass sich ein atmosphärisches Gleichgewicht einstellt.

Dieser Zyklus reicht aber nicht aus, um den hohen Ozonanteil in der irdischen Atmosphäre zu erklären. Als zweite Quelle für das Sauerstoff-Molekül ist biologische Aktivität nötig: Mikroben und Pflanzen, die Kohlendioxid aufnehmen und Sauerstoff ausscheiden, tragen einen erhebliche Teil zur Ozonproduktion bei. Deshalb gingen die Astrobiologen lange Zeit davon aus, dass die gleichzeitige Anwesenheit von atomarem Sauerstoff, Kohlendioxid und Ozon in einer Atmosphäre ein sicheres Indiz für biologische Aktivität ist.

Die neuen Ergebnisse zeigen allerdings – ebenso wie die frühere Entdeckung einer mit 0,1 Prozent des irdischen Werts noch geringeren Ozonanteils auf dem Mars –, dass diese Sichtweise wohl zu einfach ist. Entscheidend für die Suche nach Leben sei nicht, so Montmessin und seine Kollegen, ob Ozon zusammen mit Sauerstoff und Kohlendioxid vorkomme, sondern in welcher Konzentration.

Abb.: UV-Licht der Sonne bricht Sauerstoffmoleküle auf, die Radikale wandern dann bis auf die Nachtseite der Venus, wo sie mit weiteren O2-Teilchen zu Ozon rekombinieren. Das O3 gibt dann Energie ab, überwiegend im Infraroten, das die Instrumente der Sonde auf der Nachtseite detektieren können. (Animation: Esa / Virtis-VenusX IASF-Inaf, Obs. Paris / R.Hueso, U. Bilbao)

„Wir können die neuen Messungen aber nutzen, um die Szenarios für die Entdeckung von Leben auf anderen Welten zu testen und zu verbessern“, sagt Montmessin. Die Forscher setzen das Limit nun bei 20 Prozent des irdischen Wertes – alles, was darüber liegt, sei allein durch nicht-biologische chemische Reaktionen nicht mehr zu erklären.

Venus Express ist am 9. November 2005 gestartet und umkreist unseren Nachbarplaneten seit dem 11. April 2006. Die Sonde untersucht die Venus mit insgesamt sieben Instrumenten. Das Ozon hat Venus Express mit dem in Frankreich hergestellten Spicav-Spektrometer aufgespürt. Spicav steht für Spectroscopy for Investigation of Characteristics of the Atmosphere of Venus, auf Deutsch: Spektroskopie zur Untersuchung der Eigenschaften der Venus-Atmosphäre. Montmessin und seine Kollegen haben mit Spicav Sterne beobachtet, die gerade so am Rand der Venus standen, dass ihr Licht die Atmosphäre durchqueren musste. Das Ozon absorbiert einen Teil der ultravioletten Strahlung und hinterlässt deshalb Spuren in den Sternspektren.

Rainer Kayser

OD

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