Auf dem Weg zu einem globalen Modell der Kernstruktur
Messung der Kernradien von Cadmiumisotopen bestätigt Theorie.
Der Ladungsradius, also die räumliche Ausdehnung der positiven Kernladung, ist eine der fundamentalen Kenngrößen eines Atomkerns und hinterlässt seine Spuren im optischen Spektrum eines Atoms, obwohl dieses von der Atomhülle und den darin befindlichen Elektronen erzeugt wird. Das Spektrum jeder Atomsorte ist einzigartig wie ein Fingerabdruck und kann mit Laserlicht präzise vermessen werden. So können Informationen über die Größe und Eigenschaften des Atomkerns gewonnen werden. Die Technik eignet sich auch für sehr kurzlebige Kerne. Laserspektroskopische Messungen an einer langen Kette von Cadmiumisotopen bestätigen nun ein spezielles Kernmodell, das entwickelt wurde, um das ungewöhnliche Verhalten der Radien von Calciumisotopen zu beschreiben.
Abb.: Die COLLAPS-Apparatur an der Isotopenfabrik ISOLDE am CERN. (Bild: COLLAPS Coll.)
Vor zwei Jahren präsentierten Forscher der TU Darmstadt Radienmessungen exotischer Calciumisotope, die mit keinem der gängigen Kernmodelle zu erklären waren. Inzwischen wurde von Theoretikern ein weiterentwickeltes Modell präsentiert. Es beruht auf der Kerndichte-
Erklärtes Ziel der Kernstrukturtheorie ist es jedoch, ein möglichst globales Modell zu erhalten, welches für einen großen Bereich der Nuklidkarte gültig ist. Die Vorhersagekraft des neuen Modells wurde jetzt anhand von Radienmessungen an mehr als dreißig Cadmiumisotopen getestet, die etwa zweieinhalb Mal so viel Masse auf die Waage bringen wie jene Calciumkerne, für die es zunächst aufgestellt wurde. Ein Team der TU Darmstadt um Wilfried Nörtershäuser hat diese Messungen gemeinsam mit Kollegen des MPI für Kernphysik in Heidelberg, der Uni Mainz und zahlreichen ausländischen Partnern an der Isotopenfabrik ISOLDE am CERN durchgeführt.
Die Ergebnisse sind die in exzellenter Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen. Das ist bemerkenswert, da die Ladungsradien als prinzipiell theoretisch schwierig zu beschreibende Größe gelten. Das gilt vor allem für die ausgeprägten kleinen Schwankungen des Kernradius zwischen Isotopen mit gerader und ungerader Massenzahl, die mit den hochpräzisen neuen Messungen sehr fein aufgelöst werden. Die Forschungsgruppe hat inzwischen begonnen, weitere Ketten in der Nachbarschaft der Cadmiumisotope zu untersuchen, um festzustellen, ob die Theorie auch dort ähnlich erfolgreich angewendet werden kann. Das wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entwicklung eines globalen Modells der Kernstruktur.
TU Darmstadt / RK