03.12.2007

Auf dem Weg zur optischen Tarnkappe

Stuttgarter Physikern ist es weltweit erstmals gelungen, dreidimensionale optische Metamaterialien herzustellen



Stuttgarter Physikern ist es weltweit erstmals gelungen, dreidimensionale optische Metamaterialien herzustellen

Metamaterialien haben vor wenigen Jahren die Welt der Optik revolutioniert. Es handelt sich dabei um Nanostrukturen, meistens aus Gold oder Silber, die in Glas eingebettet werden und viel kleiner als die Wellenlänge des Lichtes sind. Forschern um Harald Gießen, Professor am 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart, ist es jetzt gelungen, die weltweit ersten dreidimensionalen Metamaterialien für den optischen Wellenlängenbereich herzustellen. Das Verfahren stellten sie in der Fachzeitschrift Nature Materials vor.

Das Phänomen der Brechung kennen schon Kinder: Hält man einen Stock in einen Teich, sieht er aus, als wäre er unter Wasser abgeknickt. Der Grund dafür ist der Brechungsindex des Wassers, der höher ist als der für Luft. Nach diesem Prinzip funktionieren auch Glaslinsen, aus denen man Brillen, Teleskope und Objektive für Kameras und Mikroskope bauen kann. Im 20. Jahrhundert wurden die Möglichkeiten der Optik in diesem Bereich bis an die Grenzen ausgereizt.

Vor drei Jahren jedoch katapultierte die Entwicklung der ersten Metamaterialien die Optik in neue Dimensionen. Die oft nur wenige Dutzend Nanometer „großen“ Strukturen führen dazu, dass die Lichtwelle über die Strukturen und die Zwischenräume mittelt und sich die Nanostruktur wie ein neues, künstliches Material verhält. Dies hat es Physikern erlaubt, zum ersten Mal Materialien herzustellen, die einen Brechungsindex haben, der kleiner als Null ist. Hätte man eine Metamaterial-Flüssigkeit mit einem negativen Brechungsindex, so würde der in obigem Beispiel beschriebene Stock nicht nur abknicken, sondern sogar gleichzeitig gespiegelt werden.

Abb.: Schematische Darstellung eines 3D-Metamaterials. Um die magnetischen Eigenschaften des Lichts zu verändern, ordnet man die Nanostrukturen in Metamaterialien wie kleine Schwingkreise an. (Quelle: Universität Stuttgart, Noack/MPI)

Metamaterialien nutzen ein physikalisches Phänomen aus: Licht ist nämlich eine elektromagnetische Welle. Seit 2004 konnte man erstmals die magnetischen Eigenschaften des Lichts verändern. Der Trick ist ganz einfach: man ordnet die Nanostrukturen in den Metamaterialien wie kleine Schwingkreise an, die aus Spulen und Kondensatoren bestehen. Ein solcher Schwingkreis hat zum Beispiel die Form eines „U“. Kombiniert man nun elektrische und magnetische Eigenschaften des Materials geschickt, so ergibt sich ein negativer Brechungsindex. Zunächst konnten allerdings nur relativ simple Schichten aus kleinen Metallstrukturen hergestellt worden. Linsen aus Metamaterialien mit negativem Brechungsindex erfordern jedoch Volumenmaterialien.

Jetzt ist es im Nanostrukturlabor der Universität Stuttgart gelungen, die weltweit ersten dreidimensionalen Metamaterialien für den optischen Wellenlängenbereich herzustellen. Die Stuttgarter Methode ist geeignet, beliebig dicke und akkurat angeordnete Schichtstapel herzustellen. Welche Anwendungen sich aus den neuen Metamaterialien ergeben, ist noch nicht vollständig abzusehen. Vorhergesagt werden perfekte Linsen, die noch bessere Mikroskope erlauben und das Abbe'sche Beugungslimit durchbrechen. Sogar optische Tarnkappen, die ganze Gegenstände unsichtbar machen, sollen möglich werden. In den nächsten drei Jahren werden die Stuttgarter Wissenschaftler die Möglichkeiten im Verbund mit dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung und mit den Universitäten Karlsruhe und Jena weiter erforschen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Arbeiten bereits.

Quelle: Universität Stuttgart

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichung:
    Na Liu, Hongcang Guo, Liwei Fu, Stefan Kaiser, Heinz Schweizer & Harald Giessen, Three-dimensional photonic metamaterials at optical frequencies, Nature Materials (Online: 2. Dez. 2007).
    http://dx.doi.org/10.1038/nmat2072
  • 4. Physikalisches Institut, Harald Gießen, Universität Stuttgart:
    http://www.pi4.uni-stuttgart.de

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