Auf der Spur von Tausenden von Schwingungen chemischer Bindungen in der Zelle
Freiburger Biophysiker entwickelt Infrarot-Spektroskopie weiter
Freiburger Biophysiker entwickelt Infrarot-Spektroskopie weiter
Proteine sind die molekularen Maschinen in den Zellen. Um ihre Funktionsweise verstehen zu können, ist es notwendig in sie hineinzusehen und die bei ihrer Arbeit ablaufenden Veränderungen auf einem molekularen Niveau verfolgen zu können. Dies ist möglich mit Hilfe von Infrarotspektroskopie, speziell der so genannten Fourier-Transform Infrarot-Spektroskopie (FTIR), welche die Schwingungen der einzelnen chemischen Bindungen in einem Protein und deren Veränderungen während der Arbeit des Proteins detektieren kann. Ein FTIR-Spektrum eines typischen Proteins setzt sich jedoch aus mehreren 10000 Einzelschwingungen zusammen, so dass es mühsam und oft auch gar nicht möglich ist, die interessierenden Schwingungsbanden zu isolieren und zu identifizieren.
Eine mögliche Lösung dieses Problems ist der Einbau von künstlichen Bausteinen in ein Protein mit speziell auf die spektroskopischen Anforderungen zugeschnittenen Eigenschaften. Die Azidogruppe zum Beispiel besteht aus drei Stickstoffatomen, deren chemische Bindung in einem isolierten spektralen Bereich absorbiert. Dieser Bereich ist nicht von anderen Proteinschwingungen überlagert, und die Azido-Gruppe wäre somit eine für die Spektroskopie ideale Sonde. In einer Zusammenarbeit zwischen Shixin Ye und Thomas P. Sakmar von der Rockefeller University in New York und Reiner Vogel vom Institut für Molekulare Medizin und Zellforschung an der Universität Freiburg ist es nun gelungen, diese Gruppe in den für das Sehen zuständigen Lichtrezeptor Rhodopsin, ein Membran-Protein, an verschiedenen Stellen gezielt einzubauen und ihre Veränderungen bei der Aktivierung des Rezeptors mit FTIR-Spektroskopie im Detail zu verfolgen. Die Wissenschaftler berichten im renommierten Fachjournal Nature Chemical Biology über die Ergebnisse ihrer Forschung.
Hierbei wurde eine vor allem von Peter G. Schultz am Scripps Institute (La Jolla, USA) entwickelte Methode für die Anwendung an der sehr wichtigen Klasse der G Protein-gekoppelten Rezeptoren, zu denen auch das Rhodopsin gehört, erweitert. Während Zellen ihre Proteine normalerweise aus einem begrenzten Repertoire von Bausteinen, den natürlichen Aminosäuren, zusammenbauen, werden sie hier durch molekularbiologische Methoden dazu gebracht, an bestimmten Stellen gezielt eine künstliche Aminosäure einzubauen, welche die oben genannte Azido-Gruppe trägt. Mit dieser Methode konnten erstmals Rezeptoren gewonnen werden, die an für die Aktivierung wichtigen Schaltpunkten des Proteins mit einer Azido-Gruppe markiert waren. FTIR-spektroskopische Untersuchungen ermöglichten es nun, das für die Aktivierung notwendige Aufbrechen und Schließen von elektrostatischen Schaltern innerhalb des Rezeptors durch die spektralen Veränderungen der maßgeschneiderten Sonden zu verfolgen. Diese Methodik ermöglicht somit grundlegende Erkenntnisse zur Funktionsweise dieser Rezeptoren.
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Shixin Ye, Thomas Huber, Reiner Vogel, Thomas P Sakmar: FTIR analysis of GPCR activation using azido probes. Nature Chemical Biology, Published online: 26 April 2009
http://dx.doi.org/10.1038/nchembio.167 - Biophysik-Gruppe der Universität Freiburg:
http://www.biophysik.uni-freiburg.de
AL