Auf der Suche nach dem Z'-Boson
Experiment Belle II liefert erste Ergebnisse.
Vor ziemlich genau einem Jahr ist das Belle II-Experiment angelaufen. Sowohl der Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB als auch der Detektor Belle II waren in mehrjährigen Umbauarbeiten gegenüber den Vorgängern verbessert worden, um eine vierzig Mal höhere Rate an Daten zu erzielen. Wissenschaftler von zwölf Instituten in Deutschland sind maßgeblich am Bau und Betrieb des Detektors, der Entwicklung von Auswertungsalgorithmen und der Analyse der Daten beteiligt. Mit Belle II suchen die Forscher nach Spuren neuer Physik, mit der sich zum Beispiel das ungleiche Vorkommen von Materie und Antimaterie oder die mysteriöse dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher unentdeckten Teilchen, nach dem der Belle II-Detektor Ausschau hält, ist das Z‘-Boson – eine Variante des bereits nachgewiesenen Z-Bosons. Letzteres agiert als Austauschteilchen für die schwache Wechselwirkung.
Nach heutigen Erkenntnissen bestehen etwa 25 Prozent des Universums aus dunkler Materie, wohingegen die sichtbare Materie knappe fünf Prozent des Energiebudgets ausmacht. Beide Materieformen ziehen sich gegenseitig über die Schwerkraft an. So bildet die dunkle Materie eine Art Schablone für die Verteilung der sichtbaren Materie, was sich zum Beispiel in der Anordnung von Galaxien im Universum zeigt. Das Z‘-Boson könnte eine interessante Rolle beim Zusammenspiel von dunkler und normaler, sichtbarer Materie spielen, also eine Art Vermittler zwischen den beiden Materieformen sein. Das Z‘ kann – zumindest theoretisch – aus der Kollision von Elektronen und Positronen im SuperKEKB hervorgehen und dann in unsichtbare Dunkle-Materie-Teilchen zerfallen. Somit kann das Z‘-Boson helfen, das Verhalten von Dunkler Materie zu verstehen – und nicht nur das: Mit der Entdeckung des Z‘ ließen sich auch andere Beobachtungen erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der grundlegenden Theorie der Teilchenphysik, in Einklang stehen.
Doch wie lässt sich das Z‘-Boson im Belle II-Detektor aufspüren? Nicht auf direktem Weg, so viel ist sicher. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen sagen voraus, dass sich das Z‘ durch Wechselwirkungen mit Myonen, schwereren Verwandten der Elektronen, verraten könnte: Wenn Wissenschaftler nach den Elektron-Positron-Zusammenstößen eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung, sowie unerwartete Abweichungen bei Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre das ein wichtiges Indiz für das Z‘.
Allerdings lieferten die neuen Belle II-Daten noch keine Anzeichen für das Z'-Boson. Jedoch können die Wissenschaftler mit den neuen Daten die Masse und Kopplungsstärken des Z'-Bosons mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit einschränken. Diese ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten, die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. Seinen Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen stetig verbessert wird. Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen eingeflossen sind.
JGU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
I. Adachi et al. (The Belle II Collaboration): Search for an invisibly decaying Z’ boson at Belle II in e+e− → μ+μ−(e±μ∓) plus missing energy final states, Phys. Rev. Lett. 124, 141801 (2020); DOI: 10.1103/PhysRevLett.124.141801 - Experiment Belle II, Forschungszentrum KEK – High Energy Accelerator Research Organization, Japan