Auf der Suche nach Leichtgewichten
Überarbeiteter Detektor des CRESST-Experiments stellt Messrekord für leichte dunkle Materieteilchen auf.
In zahlreichen Experimenten fahnden Wissenschaftler nach den Teilchen der dunklen Materie – bisher vergeblich. Mit dem CRESST-Experiment lässt sich der Suchradius jetzt deutlich ausweiten: Die Forscher überarbeiten seine Detektoren und können nun Teilchen nachweisen, deren Masse unterhalb des heutigen Messbereichs liegt. Somit steigt die Chance, der dunklen Materie auf die Spur zu kommen.
Abb.: Einbau von Detektormodulen in das CRESST-Experiment (Bild: MPP)
„Als wahrscheinlichster Kandidat für das dunkle Materieteilchen galt bisher ein schweres Teilchen, das WIMP“, erklärt Federica Petricca, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Physik und Sprecherin des Experiments. „Daher untersuchen die meisten Experimente derzeit einen Messbereich zwischen 10 und 1000 GeV/c²”
Allerdings gibt es in der Dunkle-Materie-Forschung inzwischen neue theoretische Modelle, die einige Ungereimtheiten beseitigen – zum Beispiel den Unterschied zwischen der simulierten und der tatsächlich beobachteten dunklen Materie in Galaxien. Einige dieser Modelle schlagen dunkle Materieteilchen vor, die deutlich leichter sind als die klassischen WIMPs.
Einen wichtigen Schritt zum Aufspüren dieser „Leichtgewichte“ hat CRESST jetzt geleistet. In einem Langzeit-Versuch mit einem Detektor erreichten die Wissenschaftler eine Energieschwelle von 307 eV. „Dieser Detektor eignet sich insbesondere für Messungen zwischen 0,5 und 4 GeV/c² und hat in diesem Bereich seine Sensitivität um das Hundertfache verbessert“, sagt Petricca. „Wir können so Teilchen mit geringerer Masse als die des WIMP entdecken.“
Der nächste Messzyklus soll Ende 2015 beginnen und ein bis zwei Jahre dauern. Auf Grundlage der jetzt gewonnenen Erkenntnisse statten die Wissenschaftler das Experiment mit neuartigen Detektoren aus. „Die neuen Detektormodule machen die Messungen einerseits präziser, zum anderen werden wir damit in neue Masseregionen vorstoßen: Wir können dunkle Materieteilchen auch dann entdecken, wenn sie leichter als 0,5 GeV/c² sind. So steigt auch die Chance, endlich zu erklären, woraus dunkle Materie besteht“, hofft Petricca.
Kernstück der Detektoren ist ein Kristall aus Kalziumwolframat. Treffen die gesuchten Teilchen auf eines der drei Kristallatome Kalzium, Wolfram und Sauerstoff, messen die Detektoren gleichzeitig die Energie und ein Lichtsignal der Kollision, das Aufschluss über die Art des Teilchens liefert. Damit sich die minimalen Temperatur- und Lichtsignale aufzeichnen lassen, sind die Detektormodule bis fast auf den absoluten Nullpunkt gekühlt. Um störende Hintergrundereignisse auszuschalten, verwenden die Wissenschaftler zum einen Materialien mit geringer natürlicher Radioaktivität. Zum anderen steht das Experiment im größten Untergrundlabor der Welt im italienischen Gran-Sasso-Massiv und ist daher weitgehend vor kosmischer Strahlung abgeschirmt.
MPP / OD