30.04.2015

Auf die Oberfläche kommt es an

Flache Siliziumkanäle weisen eine verringerte Wärme­leit­fähig­keit im Ver­gleich zu her­kömm­lichen Kris­tal­len auf.

Das Aufkommen der Nanotechnologie, für die die Regeln der klassischen Physik mit abnehmender Größe sukzessive versagen, stellt Fouriers Theorie der Wärme auf verschiedenen Weisen auf die Probe. Wissenschaftler am MPI für Polymerforschung, dem Katalanischen Institut für Nanowissenschaften und Nanotechnologie ICN2 und dem Technischen Forschungszentrum Finnlands VTT haben jetzt herausgefunden, wie die Oberflächenbeschaffenheit auf Nanometerskala und die chemische Zusammensetzung der Oberfläche die Wärmeleitfähigkeit der ultradünnen Siliziummembranen beeinflussen.

Abb.: Die verschiedenen Kreise stellen die untersuchten Oberflächen der Siliziummembranen dar: kristallin, rau, flach mit natürlichem Siliziumdioxid und rau mit natürlichem Siliziumdioxid. Das rechte Bild zeigt eine repräsentative Wärmekarte einer Membrane nach lokaler thermischer Anregung, die die Wärmeleitfähigkeit misst. (Bild: ACS Nano)

Den Ergebnissen nach ist die Wärmeleitfähigkeit von weniger als zehn Nanometer dünnen Siliziummembranen 25-mal niedriger als die von reinem kristallinen Silizium. Es sind dabei die Struktur und die chemische Zusammensetzung der Oberfläche, die die Wärmeleitfähigkeit hierbei weitgehend bestimmen. Durch die Verbindung neuester realistischer Modellierung auf atomarer Ebene, ausgeklügelter Herstellungsverfahren, neuartiger Messverfahren und modernster parameterfreier Modellierung ist es Forschern gelungen, die Rolle von Oberflächenoxidation zu entschlüsseln. Dazu untersuchten sie die Streuung von Phononen, die hauptverantwortlich für die Wärmeübertragung in Silizium sind.

Wie sowohl Experiment als auch Modellierung zeigen, verdoppelt das Entfernen der natürlichen Oxidschicht die Wärmeleitfähigkeit von Siliziumnanostrukturen nahezu, während erneute partielle Oxidation sie wieder senkt. Molekulardynamik-Simulationen auf großer Skala mit bis zu einer Million Atomen erlauben es den Wissenschaftlern, die relativen Beiträge zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit, die durch das vorhandene natürliche Siliziumdioxid und die Reduzierung der Dimension entstehen, anhand eines Modells mit vollständig reflektierenden Oberflächen zu quantifizieren.

Silizium ist das Hauptmaterial für beinahe alle Elektronikanwendungen, in denen charakteristische Größen kleiner als zehn Nanometern erreicht werden, wie beispielsweise bei den neuesten Feldeffekttransistoren, bei denen die Kontrolle der Wärmeabfuhr entscheidend für eine optimale Leistung ist. „Die chemische Beschaffenheit von Oberflächen stellt sich als der neue Hauptparameter für die Optimierung von siliziumbasierten elektronischen und thermoelektrischen Nanoobjekten heraus“, sagt Davide Donadio. Diese Arbeit eröffnet dadurch neue Möglichkeiten für innovative thermische Experimente und Ausführungen, die den Zweck verfolgen, Wärme auf der Nanoskala zu manipulieren.

MPIP / OD

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