13.08.2009

Aus einem Stück geschnitzt

Mit schräg auftreffenden Ionenstrahlen lassen sich dreidimensionale photonische Kristalle defektfrei aus in einen Siliziumblock fräsen

Mit schräg auftreffenden Ionenstrahlen lassen sich dreidimensionale photonische Kristalle defektfrei aus in einen Siliziumblock fräsen

Kyoto (Japan) – Rasant werden heute digitale Daten über ein globales Netz von Glasfaserkabeln ausgetauscht. Lichtteilchen haben auch das Potenzial, bald die Datenverarbeitung in Lichtchips weit über die Geschwindigkeiten heutiger Elektronik hinaus zu beschleunigen. Herzstücke solcher optischen Schaltkreise sind photonische Kristalle. Bestehen diese streng symmetrisch angeordneten Nanostrukturen heute meistens aus flachen Halbleiter-Filmen, kann mit dreidimensionalen Modulen die Kontrolle der Photonen weiter verbessert werden. Japanischen Forschern gelang es auf diesem Entwicklungsweg, räumliche photonische Kristalle mit Ionenstrahlen elegant und defektfrei aus einem Siliziumblock herauszufräsen.

"Die Herstellung von 3D- Kristallen ohne jeden unerwünschten Defekt über weite Areale galt bislang als Herausforderung", berichten Shigeki Takahashi, Susumu Noda und ihre Kollegen von der Universität Kyoto. Wurden bislang oft dünne Schichten zu einem dreidimensionalen photonischen Kristall gestapelt, fertigten die Forscher diese nun direkt aus einem hochreinen Silizium-Einkristall. Dazu optimierten sie das in der Halbleiterindustrie etablierte Verfahren des Reaktive-Ionen-Ätzens (RIE).

Nach vielen Versuchen schafften sie es, mit Ionenstrahlen einen photonischen Kristall herzustellen, der in seiner Struktur an einen fein säuberlich geschichteten Stapel aus Kanthölzern erinnert. Dazu lenkten sie in einem Plasma aus Schwefelhexafluorid beschleunigte Ionen auf den Silizium-Rohling. Konnten bisher mit den Ionenstrahlen nur senkrecht Hohlräume in den Festkörper geschnitzt werden, konnten nun auch um einen Winkel von 45 Grad gekippte Nanokanäle in das Material gefräst werden. Diesen Vorgang wiederholten Noda und Kollegen, nachdem sie den Siliziumblock um 180° gedreht hatten und erhielten so die streng symmetrische Stapelstruktur. Wichtig für diesen schräg ausgerichteten Ätzprozess war eine dünne Metallschicht auf dem Siliziumblock. Nur dadurch konnten die Ionenstrahlen von der bevorzugten senkrechten Ausrichtung dauerhaft in die gekippte Achse gelenkt werden.

Da die so gefertigten photonischen Kristalle kaum noch unerwünschte Defekte zeigten, eignen sie sich sehr gut für die ungestörte Kontrolle von Lichtteilchen. Wegen der herausragenden optischen Qualität sind sich die Forscher sicher, dass mit ihrer Ionen-Frästechnik nun photonische Kristalle mit gewünschten Eigenschaften produziert werden können und die Leistungsfähigkeit der optischen Datenverarbeitung weiter steigern können.

Mit diesejm Ergebnis behauptet die Arbeitsgruppe von Noda ihre weltweite Spitzenstellung auf dem Gebiet der photonischen Kristalle. Erst vor wenigen Wochen berichteten sie über die erfolgreiche die Herstellung von Nanostrukturen, die Lichtwellen nicht nur in ihrem Inneren, sondern auch an der Oberfläche kontrollieren können. Mit bisher unerreichten Eigenschaften: Bis zu 9000 optische Zyklen konnten Laserpulse in diesen Strukturen durchlaufen, bevor sich die eingefangenen Lichtwellen in den freien Raum verflüchtigten. Durch diese Eigenschaft empfiehlt sich diese Nanostruktur für den Aufbau von optischen Chips, die Photonen statt Elektronen für digitale Schaltprozesse nutzen können. Kombiniert mit den nun gefertigten 3D-Kristallen und winzigen Lichtquellen aus so genannten Quantenpunkten sind nun zumindest Prozessoren vorstellbar, die heutige Elektronikchips um ein Vielfaches überflügeln. "Durch die Kopplung dieser optischen Pulse mit künstlichen Atomen – den Quantenpunkten – sollte die Kontrolle von Licht mit Licht möglich werden", beurteilte Sajeev John von der University of Toronto die Ergebnisse seiner japanischen Kollegen.

Jan Oliver Löfken


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