11.11.2014

Aus lang mach kurz

Kompakte Laborquelle für brillante, ultrakurze, harte Röntgen­blitze mit bisher uner­reich­tem Pho­tonen­fluss.

Heutzutage sind viele Wissenschaftler bestrebt, den Atomen beim „Arbeiten“ zuzuschauen, das heißt, sie wollen direkt die Bewegung der Atome bei einer Schwingung, chemischen Reaktion oder auch Materialmodifikation beobachten. Atomare Bewegungen erfolgen typischer­weise in einem Zeitbereich von Femto­sekunden. Daher benötigt man für solch einen „Röntgenfilm“ eine extrem kurze Belich­tungs­zeit mit entsprechend kurzen Röntgen­blitzen. Es gibt weltweit zwei komple­mentäre Heran­gehens­weisen um ultrakurze, harte Röntgen­impulse zu erzeugen. Auf der einen Seite gibt es die Elektronenbeschleuniger wie die Freien Elektronen Laser (FEL) in Stanford USA (LCLS bei SLAC) oder bei SACLA in Japan. Auf der anderen Seite kann man kompakte Labor­quellen für ultrakurze, harte Röntgenimpulse bauen, die von Femto­sekunden-Laser­systemen getrieben werden. Obwohl der Röntgenfluss aus den Beschleu­niger­quellen deutlich höher ist als in den Laborquellen, haben sich die letzteren als geeignete Kameras für die Femto­sekunden-„Röntgenfilme“ herausgestellt. Die Qualität solcher Filme ist letzt­endlich durch die Anzahl der von der untersuchten Probe gestreuten Röntgen­photonen bestimmt.

Abb. 1: Erzeugung von Röntgenstrahlen in einer konventionellen Röntgenröhre (links). Elektronen werden von der geheizten Kathode (-) emittiert und dann durch ein konstantes elektrisches Feld auf die Anode (+) zu beschleunigt. Innerhalb der Metall-Anode (z. B. Kupfer) führen inelastische Stöße der Elektronen mit den Metallatomen zur Erzeugung von sowohl charakte­ristischer Linienemission von Röntgen­strahlung (schmale Linien im unteren Spektrum) als auch von Bremsstrahlung. Rechts: Femto­sekunden Lichtimpulse im mittleren Infrarot aus einem OPCPA-System werden auf ein Kupfer-Band­target fokussiert. Die Elektronen werden durch das starke elektrische Feld des Licht­impulses zunächst aus der Oberfläche heraus­gezogen, danach im Vakuum beschleunigt und schließlich in das Kupferband zurückge­schossen. Während der Abbremsung im Metallband produzieren die energetischen Elektronen charakte­ristische Linien­emission und Brems­strahlung, die ein Röntgen­detektor vermisst. (Bild: MBI)

Ein gemeinsames Team vom Max-Born-Institut in Berlin und der TU Wien hat jetzt einen Durchbruch für kompakte Laborquellen geschafft und den Fluss harter Röntgen­strahlung um einen Faktor 25 gesteigert. Dies gelang mit einer Kombination aus einem neuen optischen Treiberlaser, der Femto­sekunden-Lichtimpulse bei Wellenlängen um 4 µm im mittleren Infrarot liefert, und einem Metallband-Target in einer Vakuumkammer, welche ultrakurze Impulse harter Röntgen­strahlung bei einer Wellenlänge von 0,154 nm mit einer nicht da gewesenen Effizienz erzeugt.

Die Röntgenerzeugung erfolgt in drei Schritten (Abb. 1), der Elek­tronen­extrak­tion aus dem Metall­band mittels des elek­trischen Feldes des Treiber-Lichtimpulses, der Beschleu­nigung der Elektronen im Vakuum durch das starke optische Feld und Rückkehr in das Band mit einem ungeheuren Gewinn und kinetischer Energie, und die Erzeugung von Röntgen­­blitzen durch inelastische Stöße der energetischen Elektronen mit den Metallatomen im Band. Längere optische Wellen­längen entsprechen einer längeren Oszil­lations­periode des optischen Feldes und führen daher zu einer längeren Beschleu­nigungs­zeit der Elektronen im Vakuum. Eine Konsequenz der längeren Beschleu­nigungs­zeit ist die deutlich höhere kinetische Energie, mit der die Elektronen in das Metallband einschlagen, was zu einer deutlich höheren Effizienz bei der Röntgen­erzeugung führt. Die feldge­triebenen Exkursionen der Elektronen im Vakuum wurden im Detail in theoretischen Rechnungen analysiert und sind in der Animation dargestellt.

Abb. 2.: Der Beschleunigung von Elektronen (blaue Kugeln) im Vakuum oberhalb der Metall­oberfläche, die dem starken, oszil­lierenden, elektrischen Feld des Laser­impulses ausgesetzt sind (schwarze Kurve; Animation: MBI)

Die Experimente wurden an der TU Wien durchgeführt, wo die Forscher ein neues Treiber-Laser­system, das auf dem Konzept der Optical Parametric Chirped Pulse Amplification OPCPA beruht, mit einer Röntgen-Erzeugungs­kammer des MBI kombinierten. Licht­impulse von 80 fs Dauer und einer Energie bis zu 18 mJ bei einer Zentralwellenlänge von 3,9 µm wurden auf ein 20 µm dickes Kupferband fokussiert. Dieses Konzept erlaubt die nie da gewesene Erzeugung von einer Milliarde harter Röntgen­photonen pro Laser­schuss bei einer Wellenlänge von 0,154 nm. Gegenüber früheren Experi­menten mit einer Treiber­wellen­länge von 800 nm zeigt sich eine Überhöhung um den Faktor 25, was etwa dem Quadrat des Wellen­längen­verhält­nisses (3900 nm / 800 nm)2 entspricht. Dieses Verhalten ist in quantitativer Überein­stimmung mit der theoretischen Analyse basierend auf dem Drei-Stufen-Konzept in Abb. 1. Die Ergebnisse weisen den Weg für neue, kompakte Labor­quellen, mit denen man bis zu 1010 Röntgen­photonen pro Laserschuss bei einer Wiederholrate von einem Kilohertz erzeugen könnte.

MBI / OD

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