26.03.2018

Ausgezeichnete Scantechnik

VDI-Förderpreis geht an Philipp Lambertz für neues optisches Verfahren zur Dichtungstechnik.

Weißes Spray wirbelt durch das Labor für experimentelle Dichtungs­technik an der FH Münster. Die feinen Körner setzen sich auf ein rundes Maschinen­element, das Rohr­stücke mit­einander verbindet. Diesen Flansch soll Philipp Lambertz in seiner Bachel­orarbeit per Laser­scanner vermessen – und dafür setzt er Kreide­spray und ein modifiziertes Tablet ein. Erstaunlich, dass dieser Alltags­helfer das kniffelige Messen mit dem Mess­taster abnehmen kann.

Abb.: Dank des Laserscanner-Aufsatzes kann Philipp Lambertz das Unterteil des Flansches mit dem Tablet vermessen. (Bild: FH Münster)

Legt man die Ober- und Unterseite eines Flansches aufeinander, stellt man fest, dass sie nicht genau aufeinander passen. Herstellungs­bedingte Unebenheiten sind daran schuld. Diese auszugleichen, ist Job einer Dichtung. Und optimal ist es, wenn sich diese perfekt an die Beschaffen­heit des Flansches anschmiegt, ähnlich wie ein Zahn­ersatz. „Ich muss deshalb die Dicke der Dichtung an jeder Stelle der Flansch­oberflächen errechnen, und das mache ich, indem ich im Vorfeld den geringsten Abstand zwischen Ober- und Unter­seite des Flansches ausmesse“, erklärt Lambertz, der Wirtschafts­ingenieur­wesen am Fach­bereich Physikalische Technik studiert hat.

„Die Ebenheitsabweichungen können durchaus mehrere Milli­meter betragen, wir müssen aber mikro­meter­genau messen um letzt­endlich ein dichtungs­technisch optimales Ergebnis zu erzielen. Das ist händisch mit dem Mess­taster kaum zu schaffen. Deshalb habe ich mit einem Laser­scanner gearbeitet.“ Mit dem Laser­scanner-Aufsatz am Tablet umkreist Lambertz den Flansch; die passende App bildet das Maschinen­element am Computer ab – zunächst als Netz­datei, anschließend als dichte Punkte­wolke mit mehr als einer Million x-y-z-Werte.

„So lassen sich alle Unebenheiten ganz genau erkennen“, erklärt Lambertz. Aber rechnen kann man mit der Punkte­wolke noch nicht. „Das Problem ist, dass ich die Ober­seite und die Unter­seite vom Flansch von­einander getrennt einscannen muss“, sagt der 27-Jährige. „Ich habe also zwei Punkte­wolken im Programm, die nicht miteinander in Bezug stehen und in zwei unterschiedlichen Koordinaten­systemen liegen.“

Die Ausrichtung der beiden Teile ist aber extrem wichtig, weil es am Ende bei der Dichtung, die für den abgebildeten Flansch hergestellt werden soll, auf jeden Zehntel-Milli­meter ankommt. Lambertz musste deshalb mathematisch an das Problem herangehen, um zu der perfekten Ausrichtung der beiden Koordinaten­systeme zu gelangen. Und gleichzeitig musste er mit dem Partner­unternehmen TEDIMA, einem Dichtungs­hersteller, Rück­sprache halten – denn sein selbst­geschriebenes Programm „GapCalc“ soll dort eingesetzt werden. Dank der rechnerisch kalkulierten Lücke zwischen den Flansch­oberflächen lässt sich in der Software auch direkt eine Fräs­datei zur Herstellung der Dichtung mit Dicken­werten erstellen.

Mit diesem Verfahren ist es zusätzlich möglich, zwei Bauteile unabhängig voneinander – an unter­schiedlichen Orten gelagert – passgenau zueinander zu vermessen und eine Dichtung, die exakt den Unebenheiten beider Oberflächen folgt, herzustellen. Dieses Konzept stellt eine bahn­brechende Weiter­entwicklung der Dichtungs­technik generell dar.

„Philipp Lambertz hat wirklich Herzblut in seine Arbeit gesteckt“, sagt Alexander Riedl, der die Bachel­orarbeit betreut hat. „Er hat sehr genau gearbeitet, was bei Dichtungen absolut wichtig ist; und seine Arbeit ist so anwendungs­orientiert ausgerichtet, dass TEDIMA die Software direkt in den Arbeits­alltag übernehmen kann.“ Für seine Ergebnisse hat Lambertz jetzt den VDI-Förderpreis und 1.000 Euro Preisgeld erhalten.

FH Münster / DE

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