Außergewöhnliche Polarlichter auf Jupiter
Die Aurorae des Riesenplaneten sind sehr leuchtkräftig – und ihre Energie kommt aus unvermuteten Quellen.
Polarlichter gehören zu den eindrucksvollsten Erscheinungen am Himmel. Üblicherweise treten sie nur bei hohen Breitengraden auf, können aber bei starkem Sonnenwind auch bis in mittlere Breiten sichtbar sein. Dabei gibt es nicht nur einen, sondern verschiedene Mechanismen, die die Elektronen in den äußeren Atmosphärenschichten beschleunigen können, bevor sie in tiefere Atmosphärenschichten gelangen und dort mit Luftteilchen zusammenstoßen und das charakteristische Leuchten hervorrufen. Wie ein internationales Team von Planetenforschern um Barry Mauk von der Johns Hopkins University in den USA herausgefunden hat, besitzt auch Jupiter unterschiedliche Mechanismen, die zu seinen Polarlichtern führen.
Abb.: Die Aurora über dem Südpol von Jupiter, aufgenommen mit dem Ultraviolet Spectrograph von Juno am 2. Februar 2017. Rot, grün und blau entsprechen Elektronen hoher, mittlerer und niedriger Energie, die auf die Atmosphäre treffen. Der Streifen links im Bild stammt vom Jupitermond Io. (Bild: NASA / JPL / Caltech / SWRI)
Die Polarlichter auf Jupiter sind die stärksten in unserem Sonnensystem. Das ist nicht verwunderlich, da der Gasriese das mit Abstand stärkste Magnetfeld aller Planeten besitzt. Nach den jüngsten Ergebnissen verhält sich die Wechselwirkung von Sonnenwind und planetarem Magnetfeld beim Jupiter jedoch anders als bei der Erde.
Die stärksten irdischen Aurorae entstehen dann, wenn Elektronen durch sich langsam aufbauende elektrische Felder kohärent beschleunigt werden. Diese Felder bilden sich entlang der magnetischen Feldlinien und verbinden auf diese Weise die Polregionen mit den äußersten Atmosphärenschichten. Diese Aurorae sind räumlich schärfer begrenzt. Die schwächeren und diffuseren Polarlichter auf der Erde entstehen hingegen durch die wellenartige Streuung magnetisch gefangener Ansammlungen heißer Elektronen oder durch stochastische oder turbulente Beschleunigung von Elektronen entlang der Magnetfeldlinien.
Die Polarlichter auf Jupiter sind so stark und zugleich beständig, dass Wissenschaftler bislang davon ausgingen, sie müssten auf ähnliche Weise entstehen wie die starken irdischen Aurorae. Messungen mit Raumsonden konnten das bislang aber nicht belegen. Auch die neuesten Messungen mit der Jupitersonde Juno weisen jetzt auf einen anderen Sachverhalt hin. Juno ist vor etwas über einem Jahr in den Jupiterorbit eingetreten und wird den Planeten noch knapp ein halbes Jahr lang weiter untersuchen. Mit Hilfe von Junos Teilchendetektoren, insbesondere den Instrumenten JEDI (Jupiter Energetic Particle Detector Instrument) und JADE (Jupiter Auroral Distribution Experiment), konnten die Wissenschaftler die verschiedenen Beschleunigungsmechanismen deutlich besser nachvollziehen als bislang möglich. Gemeinsam decken beide Detektoren einen Energiebereich von 0,1 bis 1000 Kiloelektronenvolt ab.
Demnach bilden sich um Jupiter außerordentlich starke elektrische Felder mit einem Potenzial von bis zu vierhundert Kiloelektronenvolt – rund zehn- bis dreißigfach stärker als auf der Erde. Überraschenderweise hängen die stärksten Energieflüsse in Richtung der Polregionen jedoch nicht – im Gegensatz zu den Verhältnissen auf der Erde – mit kohärenten Beschleunigungsprozessen zusammen. Wie die Spektren zeigen, überwiegen stattdessen turbulente Prozesse mit einer großen spektralen Bandbreite.
Der genaue Mechanismus hinter dieser turbulenten Beschleunigung ließ sich bisher noch nicht entschlüsseln. Anscheinend beginnt die Entstehung extrem leuchtkräftiger Aurorae ähnlich wie die der starken Polarlichter auf der Erde. Die Wissenschaftler vermuten, dass zunächst starke Felder die Elektronen kohärent beschleunigen. Dann jedoch wird der Prozess bei steigender Energiedichte immer instabiler und neue Beschleunigungsprozesse nehmen überhand. Das führt nicht zuletzt zu einer spektralen Verbreiterung der Elektronenenergien aufgrund stochastischer Prozesse.
Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die Jupiter-Forschung von Bedeutung. Denn Jupiter liefert wichtige Daten für das Verständnis großer Exoplaneten. Auch ferne Gasriesen besitzen vermutlich ähnliche Mechanismen zur Beschleunigung von hochenergetischen Teilchen. Es wird allerdings noch etwas Zeit und einige Jupiter-
Eine gute Modellierung der Strahlungsgürtel um Jupiter ist auch für künftige Missionen in unserem Sonnensystem wichtig, auch bei anderen Planeten. Die starke elektromagnetische und ionisierende Strahlung in planetaren Strahlungsgürteln stellt nicht nur Weltraumingenieure vor schwierige Aufgaben, sondern ist auch für Astronauten gefährlich. Wenn auf Jupiter und Erde ähnliche Mechanismen beim Zusammenspiel von Sonnenwind und Magnetfeld am Wirken sind – wenn auch auf unterschiedlichen Energieskalen –, dürfte das die Vorhersage des Weltraumwetters weiter voran bringen.
Dirk Eidemüller
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RK