07.09.2017

Außergewöhnliche Polarlichter auf Jupiter

Die Aurorae des Riesenplaneten sind sehr leucht­kräftig – und ihre Energie kommt aus unver­muteten Quellen.

Polarlichter gehören zu den eindrucksvollsten Erscheinungen am Himmel. Üblicher­weise treten sie nur bei hohen Breiten­graden auf, können aber bei starkem Sonnen­wind auch bis in mitt­lere Breiten sicht­bar sein. Dabei gibt es nicht nur einen, sondern ver­schiedene Mecha­nismen, die die Elek­tronen in den äußeren Atmo­sphären­schichten beschleu­nigen können, bevor sie in tiefere Atmo­sphären­schichten gelangen und dort mit Luft­teil­chen zusammen­stoßen und das charak­teris­tische Leuchten hervor­rufen. Wie ein inter­natio­nales Team von Planeten­forschern um Barry Mauk von der Johns Hopkins Univer­sity in den USA heraus­gefunden hat, besitzt auch Jupiter unter­schied­liche Mecha­nismen, die zu seinen Polar­lichtern führen.

Abb.: Die Aurora über dem Südpol von Jupiter, auf­ge­nommen mit dem Ultra­violet Spectro­graph von Juno am 2. Februar 2017. Rot, grün und blau ent­sprechen Elek­tronen hoher, mitt­lerer und nied­riger Energie, die auf die Atmo­sphäre treffen. Der Streifen links im Bild stammt vom Jupiter­mond Io. (Bild: NASA / JPL / Caltech / SWRI)

Die Polarlichter auf Jupiter sind die stärksten in unserem Sonnen­system. Das ist nicht ver­wunder­lich, da der Gas­riese das mit Abstand stärkste Magnet­feld aller Planeten besitzt. Nach den jüngsten Ergeb­nissen verhält sich die Wechsel­wirkung von Sonnen­wind und plane­tarem Magnet­feld beim Jupiter jedoch anders als bei der Erde.

Die stärksten irdischen Aurorae entstehen dann, wenn Elektronen durch sich langsam auf­bauende elek­trische Felder kohärent beschleu­nigt werden. Diese Felder bilden sich ent­lang der magne­tischen Feld­linien und ver­binden auf diese Weise die Pol­regionen mit den äußer­sten Atmo­sphären­schichten. Diese Aurorae sind räum­lich schärfer begrenzt. Die schwächeren und diffu­seren Polar­lichter auf der Erde ent­stehen hin­gegen durch die wellen­artige Streu­ung magne­tisch gefan­gener Ansamm­lungen heißer Elek­tronen oder durch stochas­tische oder turbu­lente Beschleu­nigung von Elek­tronen ent­lang der Magnet­feld­linien.

Die Polarlichter auf Jupiter sind so stark und zugleich beständig, dass Wissen­schaftler bis­lang davon aus­gingen, sie müssten auf ähn­liche Weise ent­stehen wie die starken irdischen Aurorae. Messungen mit Raum­sonden konnten das bis­lang aber nicht belegen. Auch die neuesten Messungen mit der Jupiter­sonde Juno weisen jetzt auf einen anderen Sach­ver­halt hin. Juno ist vor etwas über einem Jahr in den Jupiter­orbit ein­ge­treten und wird den Planeten noch knapp ein halbes Jahr lang weiter unter­suchen. Mit Hilfe von Junos Teil­chen­detek­toren, insbe­sondere den Instru­menten JEDI (Jupiter Energetic Particle Detector Instru­ment) und JADE (Jupiter Auroral Distri­bution Experi­ment), konnten die Wissen­schaftler die verschie­denen Beschleu­nigungs­mecha­nismen deut­lich besser nach­voll­ziehen als bis­lang möglich. Gemein­sam decken beide Detek­toren einen Energie­bereich von 0,1 bis 1000 Kilo­elek­tronen­volt ab.

Demnach bilden sich um Jupiter außerordentlich starke elek­trische Felder mit einem Poten­zial von bis zu vier­hundert Kilo­elek­tronen­volt – rund zehn- bis dreißig­fach stärker als auf der Erde. Über­raschen­der­weise hängen die stärksten Energie­flüsse in Rich­tung der Pol­regionen jedoch nicht – im Gegen­satz zu den Verhält­nissen auf der Erde – mit kohä­renten Beschleu­nigungs­pro­zessen zusammen. Wie die Spektren zeigen, über­wiegen statt­dessen turbu­lente Prozesse mit einer großen spektralen Band­breite.

Der genaue Mechanismus hinter dieser turbulenten Beschleunigung ließ sich bisher noch nicht ent­schlüsseln. Anschei­nend beginnt die Ent­stehung extrem leucht­kräftiger Aurorae ähn­lich wie die der starken Polar­lichter auf der Erde. Die Wissen­schaftler ver­muten, dass zunächst starke Felder die Elek­tronen kohä­rent beschleu­nigen. Dann jedoch wird der Prozess bei steigender Energie­dichte immer insta­biler und neue Beschleu­nigungs­prozesse nehmen über­hand. Das führt nicht zuletzt zu einer spek­tralen Verbrei­terung der Elek­tronen­energien auf­grund stochas­tischer Prozesse.

Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die Jupiter-Forschung von Bedeutung. Denn Jupiter liefert wichtige Daten für das Ver­ständnis großer Exo­planeten. Auch ferne Gas­riesen besitzen vermut­lich ähnliche Mecha­nismen zur Beschleu­nigung von hoch­energe­tischen Teil­chen. Es wird aller­dings noch etwas Zeit und einige Jupiter-Umrun­dungen benötigen, um die Inter­aktion von Sonnen­wind und dem Magnet­feld des Jupiter sowie den Teil­chen­strömen im Jupiter­system besser zu verstehen.

Eine gute Modellierung der Strahlungsgürtel um Jupiter ist auch für künftige Missionen in unserem Sonnen­system wichtig, auch bei anderen Planeten. Die starke elektro­magne­tische und ionisie­rende Strahlung in plane­taren Strahlungs­gürteln stellt nicht nur Welt­raum­inge­nieure vor schwierige Auf­gaben, sondern ist auch für Astro­nauten gefähr­lich. Wenn auf Jupiter und Erde ähn­liche Mecha­nismen beim Zusammen­spiel von Sonnen­wind und Magnet­feld am Wirken sind – wenn auch auf unter­schied­lichen Energie­skalen –, dürfte das die Vorher­sage des Welt­raum­wetters weiter voran bringen.

Dirk Eidemüller

RK

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