12.02.2016

Bakterien mit Mikro-Optik

Cyanobakterien bündeln Lichtstrahlen – und lenken damit ihre Bewegung.

Licht ist als zentrale Energiequelle für Cyanobakterien über­lebens­wichtig. Obwohl sie nur aus einer einzigen Zelle bestehen, sind sie in der Lage, direkt und präzise auf eine Licht­quelle zuzu­strömen. Doch wie genau die Bakterien Licht wahr­nehmen, war bislang ein Rätsel. Wie ein inter­nationales Forscher­team hat jetzt heraus­gefunden hat, funktio­nieren Cyano­bakterien wie winzige Linsen­augen, können so die Licht­richtung wahr­nehmen und darauf reagieren.

Abb.: Augapfel im Mini-Format: Das Modell eines Cyanobakteriums zeigt, wie das Licht auf dem Weg durch die Zelle in einem Punkt gebündelt wird. (Bild: R. Kampmann, KIT)

„Unsere Zusammenarbeit begann bei einem Mittagessen in Freiburg“, erinnert sich Jan Gerrit Korvink vom Karls­ruher Institut für Techno­logie. „Conrad Mullinieux von der Queen Mary University of London besuchte gerade die Arbeits­gruppe um Annegret Wilde an der Uni Freiburg und fragte mich, ob ich einen Weg wüsste, den Brechungs­index eines winzigen Bakteriums zu messen. Zunächst musste ich Mullinieux enttäuschen: Bakterien mit einem Durch­messer von drei Mikro­metern sind so klein, dass schlicht geeignete Geräte fehlen, um so eine Messung vorzu­nehmen. Doch die Frage ließ mir keine Ruhe. Und schließlich kam mir eine Idee.“

Korvink und sein Teams am KIT beschichteten eine flache, etwa zehn Zenti­meter durch­messende Scheibe aus Silizium mit einer extrem dünnen Schicht eines Photo­polymers, das aushärtet, wenn es ultra­violettem Licht ausge­setzt wird. Dann platzierten sie einige Cyano­bakterien auf dem Polymer und ließen UV-Licht auf die Platte fallen. „Überall, wo keine Bakterien platziert waren, fiel das Licht gleich­mäßig auf die Scheibe und auch das Polymer härtete gleich­mäßig aus. Aber in Bereichen mit Bakterien wurde das Licht gebündelt. Es formte einen konzen­trierten Nanojet aus Photonen, so dass das Polymer unterhalb der Bakterien in einem bestimmten Muster aus­härtete“, erläutert Korvink.

Im nächsten Schritt fixierten die Forscher das Photo­polymer chemisch und bestimmten die Ober­flächen­struktur mit einem Raster­kraft­mikroskop. So konnten sie genau nach­voll­ziehen, wie die Bakterien das Licht gebrochen haben. Anschließend konnten sie mithilfe einer Simu­lation die genauen Licht­bünde­lungs­eigen­schaften von Cyano­bakterien bestimmen und vorher­sagen. In weiteren Unter­suchungen konnte das inter­nationale Team bestätigen, dass ein einzelnes Cyano­bakterium tat­sächlich wie ein winziger Aug­apfel funktio­niert. Das Licht trifft auf die Ober­fläche der runden Ein­zeller, wo es wie durch eine mikro­skopisch kleine Linse gebrochen wird. Dadurch entsteht ein Brenn­punkt auf der gegen­über­liegenden Seite der Zelle. Das aktiviert im Bereich des Licht­punkts winzige, faden­förmige Fort­sätze außer­halb der Zelle, die das Bakterium in Licht­richtung vorwärts­treiben. „In einer sehr primitiven Form funktio­nieren die Bakterien­zellen wie winzige Aug­äpfel“, so Korvink. „Möglicher­weise war es also das erste Mal in der Evolutions­geschichte, dass sich mit der Entstehung der frühen Cyano­bakterien ein mit dem Linsen­auge vergleich­barer Mecha­nismus zur Licht­wahr­nehmung entwickelt hat.“

KIT / RK

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