Lithium-Ionen-Akkus sind brennbar und der Preis für den Rohstoff steigt. Gibt es Alternativen? Ja: Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA und der ETH Zürich haben vielversprechende Ansätze entdeckt, wie man Batterien aus Abfall-Graphit und Schrott-Metallen herstellen könnte. Ehrgeiziges Ziel des Teams ist es, einen Akku aus den am häufigsten vorkommenden Elementen der Erdkruste zu machen – zum Beispiel Magnesium oder Aluminium. Diese Metalle bieten eine hohe Sicherheit selbst dann, wenn die Anode aus reinem Metall besteht – was bei einer Lithium-Ionen-Batterie viel zu gefährlich wäre. Diese zusätzliche Sicherheitsmarge bietet wiederum die Chance, die Batterien auf eine sehr einfache, preiswerte Art zusammenzubauen und die Produktion schnell hochzuskalieren.
Abb.: Grober Graphit ist ein Abfallprodukt aus der Stahlproduktion. Es könnte die Grundlage sein für preisgünstige, aufladbaren Batterien aus gut verfügbaren Rohstoffen – ein Ersatz für den Lithium-Ionen-Akku von heute. (Bild: EMPA / ETH Zürich)
Um eine solche Batterie zum Laufen zu bringen, muss die Elektrolytflüssigkeit aus speziellen Ionen bestehen, die bei Raumtemperatur nicht kristallisieren – also eine Art Schmelze bilden. In dieser kühlen Schmelze wandern die Metallionen, umrahmt von einer dicken Hülle aus Chloridionen, zwischen Kathode und Anode hin und her. Alternativ dazu könnten große Anionen aus organischen Chemikalien benutzt werden. Das bringt aber ein Problem mit sich: Wo sollen diese dicken Ionen hin, wenn die Batterie geladen wird? Zum Vergleich: Beim Lithium-Ionen-Akku besteht die Kathode aus einem Metalloxid, das die kleinen Lithium-Ionen während des Ladevorgangs aufnehmen kann. Das funktioniert bei solch großen Ionen nicht. Außerdem sind die Ionen, um die es hier geht, negativ geladen, genau anders herum wie die Lithium-Ionen.
Das Team um Maksym Kovalenko löste das Problem mit einem Trick: Die Forscher stellten das Prinzip des Lithium-Ionen-Akkus auf den Kopf. Während im Lithium-Ionen-Akku die Anode aus Graphit besteht, wird bei der neuen Batterie Graphit als Kathode eingesetzt. In den Zwischenräumen lagern sich die dicken Anionen ein. Die Anode ist dagegen aus Metall.
Eine bemerkenswerte Entdeckung machte Team-Mitglied Kostiantyn Kravchyk auf der Suche nach dem geeigneten Graphit: Er fand heraus, dass Abfall-Graphit, der bei der Stahlherstellung anfällt, sehr gut als Kathodenmaterial funktioniert. Auch natürlicher Graphit geht gut – wenn er in groben Flocken geliefert wird und nicht allzu fein vermahlen ist. Der Grund: Die Graphitschichten liegen an den Bruchkanten offen und die dicken Metall-Chlorid-Ionen können leichter in die Struktur hineinschlüpfen. Dagegen eignet sich der fein vermahlene Graphit, der üblicherweise in Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz kommt, kaum. Durch das Vermahlen der Graphitpartikel werden die Schichten geknickt. In diesen geknüllten Graphit können nur kleine Lithium-Ionen eindringen, die dicken Anionen der neuen Batterie dagegen nicht.
Die Graphit-Kathoden-Batterie, gebaut aus Abfallstoffen der Stahlherstellung oder aus rohen, natürlichen Graphit-Flocken, hat also das Potenzial, wirklich preisgünstig zu sein. Langlebig ist sie auch – darauf weisen jedenfalls erste Experimente hin. Über mehrere Monate überstand ein Laborsystem Tausende von Lade- und Entladezyklen. „Die Aluminiumchlorid-Graphit-Batterie könnte bei einem täglichen Einsatz in einem Haus jahrzehntelang halten“, meint Kravchyk.
EMPA / RK