03.08.2016

Begründer der Femtochemie gestorben

Der Chemie-Nobelpreisträger Ahmed Zewail ist am 2. August mit 70 Jahren gestorben.

Ahmed Zewail (Foto: Simon Fraser University)

Ahmed Zewails erstaunliche wissenschaftliche Karriere führte ihn von einer Kleinstadt im Nildelta nach Südkalifornien. Dort ebnete er den Weg in die extrem kurzlebige Welt der Moleküle, was ihm schließlich den Chemie-Nobelpreis einbrachte.

Zewail wurde am 26. Februar 1946 in der nordägyptischen Stadt Damanhur geboren und wuchs im nahegelegenen Disuk auf. Er studierte Chemie in Alexandria. Nach seinem Masterabschluss ging er 1969 an die University of Pennsylvania, wo er beim Physikochemiker Robin Hochstrasser promovierte und so zur Molekülspektroskopie kam. Hier lernte Zewail erstmals Laser kennen.

Als Postdoc in Berkeley arbeitete er mit den damals neu entwickelten Pikosekundenlasern, mit denen er ab 1976 am California Institute of Technology (Caltech) den Grundstein für seine bahnbrechenden Forschungen startete. Dies gelang ihm, indem er erstmals demonstrierte, wie sich molekulare Prozesse mittels Pulsformung untersuchen lassen.

Die Grundidee der von Zewail begründeten „Femtochemie“ besteht darin, unterschiedliche Stoffe in Form von Molekularstrahlen in einer Vakuumkammer zusammenzubringen. Ein erster ultraschneller Puls (Pump) setzt eine Reaktion in Gang, die durch einen zweiten Puls (Probe) untersucht wird. Indem man das Zeitintervall zwischen Pump- und Probe-Puls verändert, lässt sich verfolgen, wie sich Moleküle verwandeln. Die resultierenden Spektren liefern dabei gewissermaßen die Fingerabdrücke der Moleküle.

In seinem ersten Versuch untersuchte Zewail den rund 200 Femtosekunden dauernden Zerfall von Iodcyanid (ICN). Dabei gelang es ihm und seinen Mitarbeitern, den Übergangszustand genau in dem Moment zu beobachten, in dem die I-C-Bindung zerbricht.

1990 wurde Ahmed Zewail, der 1982 die US-Staatsbürgerschaft angenommen hatte, „Linus Pauling Professor in Chemical Physics“ am Caltech. 1999 erhielt er allein und als erster Ägypter den Chemie-Nobelpreis „für seine Untersuchungen von Übergangszuständen bei chemischen Reaktionen mit Femtosekunden-Spektroskopie“. Seitdem hat Zewail über hundert internationale Preise und fünfzig Ehrendoktorwürden erhalten.

Ahmed Zewail engagierte sich sehr für die Wissenschaft in Entwicklungsländern. Im Januar 2010 wurde er zusammen mit dem aus Algerien stammenden Radiologen Elias Zerhouni und dem amerikanischen Biochemiker Bruce Alberts zu den ersten „US Science Envoys („Gesandte der Wissenschaft) für den Islam ernannt. In dieser Funktion reiste Zewail in Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung. Nach der Revolution in seinem Heimatland im Jahr 2011 gründete die ägyptische Regierung die Forschungseinrichtung „Zewail City on Science and Technology“. Zewail wurde erster Vorsitzender des Kuratoriums. Darüber hinaus war er Mitglied im wissenschaftlichen Beratungsgremium von Präsident Barack Obama.

Ahmed Zewail, der in Ägypten beerdigt werden soll, hinterlässt seine Frau und vier Kinder.

Alexander Pawlak

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